
Schutz vor riskantem Konsum gefordert Längsschnittstudie zeichnet Cannabisgebrauch von der Jugend bis ins Erwachsenenalter nach

Laut dem Cannabisgesetz von 2024 sollen auch gezielte Präventionsangebote weiterentwickelt und eingesetzt werden. Dies erfordert ein evidenzbasiertes Vorgehen. Hilfreiche Erkenntnisse bietet eine Längsschnittstudie über einen Zeitraum von 18 Jahren.
Seit April 2024 dürfen Erwachsene Cannabis für den Eigenbedarf anbauen und konsumieren. Dass die Droge vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem erhöhten Risiko für kognitive Beeinträchtigungen und verschiedene psychische Erkrankungen einhergeht, ist seit Langem bekannt. Zugleich gehört Cannabis in Deutschland zu den am meisten gebrauchten Drogen: Knapp 10 % der 12- bis 17-Jährigen hatten 2021 die Substanz schon mal ausprobiert, 1,6 % konsumierten regelmäßig (mehr als zehn Mal im letzten Jahr). Letzteres galt für 8,6 % der jungen Erwachsenen bis zum Alter von 25 Jahren. Rund die Hälfte aus dieser Altersgruppe hatte Cannabis schon einmal konsumiert.
Problematischer Gebrauch hat langfristige Folgen
Um gezielt präventiv ansetzen zu können, sollten die wichtigsten Risikofaktoren für einen problematischen Cannabiskonsum bekannt sein, da vor allem dieser mit langfristigen negativen Folgen einhergeht. Daten zu diesem Thema kann die Auswertung des über 18 Jahre angelegten Projekts Zukunft Familie liefern, wie Dr. Ann-Katrin Job, Institut für Psychologie der Universität Kassel, und Lina-Theresa Brieske, Technische Universität Braunschweig, schreiben. In diesem Projekt wurde ursprünglich der Effekt eines präventiven Elterntrainings untersucht.
Inzwischen liegen Erhebungen von ursprünglich 280 Familien zu mehreren Zeitpunkten vor. Die beiden Autorinnen werteten die Daten nach 10 Jahren (Durchschnittsalter 14 Jahre) und nach 18 Jahren (Durchschnittsalter ca. 22 Jahre) von zuletzt noch 256 jungen Erwachsenen aus. Die Teilnehmenden und ihre Eltern hatten Fragebogen ausgefüllt und ausführliche Interviews durchlaufen. Während in Bezug auf Konsum im Jugendalter erfragt wurde, ob Cannabis überhaupt je probiert worden war, erfolgten die Fragen bei den jungen Erwachsenen differenzierter, etwa hinsichtlich der Häufigkeit.
Wie sich zeigte, hatten 57,6 % der jungen Erwachsenen bereits Kontakt mit Cannabis. 20,1 % hatten die Substanz in den vorherigen 30 Tagen konsumiert und 12,2 % wiesen einen problematischen Konsum auf. „Problematisch“ wurde hierbei anhand eines Cut-off-Werts von ≥ 10 im Cannabis Use Disorders Identification Test – Revised (CUDIT-R) definiert. Dies traf für junge Männer 3,3-mal häufiger als für junge Frauen zu. Auch früher Konsum war ein Risikofaktor: Wer bereits als Jugendlicher Cannabis probiert hatte, wies später mit einem 2,6-fach erhöhten Risiko problematischen Konsum im Vergleich zu denjenigen auf, die die Droge früher gemieden hatten.
Einschätzung der Mutter als Frühwarnsystem
Untersucht wurden zudem u. a. sozioökonomischer Status, Verhaltensauffälligkeiten, Aufmerksamkeitsstörungen oder Konsum anderer Drogen des Kindes oder der Eltern, psychische Belastung der Eltern und die Eltern-Kind-Beziehung. Unter diesen Faktoren ließ sich primär das Ausmaß externalisierender Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter aus Sicht der Mutter als relevanter Risikofaktor eines problematischen Konsums berechnen. Die untersuchte Gruppe junger Erwachsener ist nicht repräsentativ, schränken die Autorinnen ein. Dennoch ist klar: Problematischer Cannabiskonsum ist in diesem Alter recht weit verbreitet. Gezielte Prävention sollte strikt umgesetzt werden und frühzeitig ansetzen. Diese Längsschnittstudie kann zur erforderlichen intensiveren Forschung zu den Folgen der Cannabislegalisierung beitragen.
Quelle: Job AK, Brieske LT. Bundesgesundheitsbl 2025; doi: 10.1007/s00103-025-04043-3