
alloHSCT Neuer Frailty-Score für die Erstvorstellung etabliert

Nach einer retrospektiven Analyse ist die Nicht-Rezidiv-Mortalität (NRM) rund um die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (alloHSCT) von etwa 40 % in den 1980er-Jahren auf zuletzt 10–20 % gesunken. Ob eine Person für eine alloHSCT infrage kommt, soll inzwischen nicht nur am chronologischen Alter und den Komorbiditäten festgemacht werden, erklärte Dr. Dr. María Q. Salas, Clinic Barcelona.1 Zu empfehlen ist ein Test der Fitness beziehungsweise Frailty, erläuterte sie.
Definiert wird ein Frailty-Syndrom als ein Zustand der Dysregulation verschiedener Systeme und daraus resultierend eine verringerte Fähigkeit, die Homöostase als Antwort auf Stress wiederherzustellen. Etwa 15–33% der Transplantierten entsprechen je nach Testinstrument der Kategorie „frail“ – mit negativen Auswirkungen auf das Transplantationsergebnis. Die Ursachen erscheinen vielfältig, Alter und Erkrankungen sind nur ein Teil davon. Bisherige Screeninginstrumente waren heterogen, oft zeitaufwendig und nutzten willkürliche Altersschwellenwerte.
Dr. Salas und Kolleg:innen entwickelten eine Frailty-Skala (FS) für Erwachsene jeden Alters, für die eine alloHSCT ansteht. Diese sollte sich in Transplantationseinheiten unter Nutzung bestehender Ressourcen kosteneffektiv implementieren lassen. Die Einteilung der Fitness erfolgt in drei Gruppen (fit, prä-frail und frail), die prognostisch relevant für das Gesamtüberleben (OS) und die NRM sein müssen.
Frailty-Skala validiert
Die HCT-FS besteht aus verschiedenen Frailty-Tests und einigen Laborparametern (vergl. Kasten). In der Analyse der ersten Kohorte von 298 Patient:innen in Kanada wurde der prädiktive Wert der Einstufung nach dem HCT-FS hinsichtlich des OS und der NRM bestätigt. Mit der kumulativen Inzidenz der Rezidive war der Skalenwert dagegen nicht assoziiert.
Dr. Salas stellte die Ergebnisse der Validierung der Skala an 15 Transplantationseinheiten in Spanien und einer Klinik in Toronto vor. 1.077 Kandidat:innen für eine alloHSCT waren bei der Erstvorstellung durch eine Pflegekraft oder Hämatolog:innen getestet worden. Im Median dauerte der Frailty-Test zehn Minuten. Eine so kurze Dauer setzte eine gewisse Erfahrung voraus, gab Dr. Salas zu. 33 % der Patient:innen waren nach dem HCT-FS fit, 54 % prä-frail und 13 % frail. Unter den 138 als frail Eingestuften befanden sich 24 Personen (17,4 %) im Alter von 18–40 Jahren, 44,9 % waren 41–59 Jahre alt, 37,7 % über 60 Jahre.
HCT-Frailty-Scale
Variable | Normales Ergebnis | Punkte | Abweichendes Ergebnis | Punkte |
---|---|---|---|---|
Clinical Frailty Scale (CFS) | Wert 1 oder 2 | 0 | Wert ≥ 3 | 1,5 |
Skala der instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL) | Keine Einschränkung | 0 | ≥ 1 Einschränkung | 1 |
Timed Up and Go Test | ≤ 10,0 Sekunden | 0 | > 10,0 Sekunden | 1,5 |
Griffstärke (GS, Handkraft) | Frauen: ≥ 16 kg Männer: ≥ 26,0 kg | 0 | Frauen: < 16 kg Männer: < 26,0 kg | 1 |
Frage nach der selbstbeurteilten Gesundheit | Exzellent, sehr gut, gut | 0 | Mäßig, schlecht | 1 |
Sturz in den letzten sechs Monaten? | Nein | 0 | Ja | 1 |
Albumin-Serumspiegel | ≥ 38 g/l | 0 | < 38 g/l | 1,5 |
C-reaktives Protein | < 11,0 mg/l | 0 | ≥ 11,0 mg/l | 2 |
Bewertung | Fit: ≤ 1 Punkt Prä-Frail: 1,5–5 Punkte Frail: ≥ 5,5 Punkte |
Prospektive Daten wurden bislang bis Februar 2025 ausgewertet. Patient:innen mit Frailty wurden signifikant häufiger stationär wieder aufgenommen (44,2 %; prä-frail: 38,9 %, fit: 31,7 %; p = 0,016). Sie entwickelten häufiger invasive Pilzinfektionen (10,9 % vs. 4,6 % vs. 4,0 %; p = 0,004) und mussten öfter intensivmedizinisch behandelt werden (20,3 % vs. 10,8 % vs. 7,0 %).
Die Zwei-Jahres-OS-Rate betrug in den Fit-, Pre-Frail- und Frail- Gruppen 82 %, 73 % und 62 % (p < 0,001). Die NRM über zwei Jahre war bei Frailty signifikant erhöht (32 %; prä-frail: 20 %, fit: 12 %; p < 0,001). Die kumulative Rate an Rezidiven fiel in allen Gruppen ähnlich aus.
Die Skala war im kanadischen und spanischen Gesundheitssystem anwendbar. Sie separierte prognostisch relevante Subgruppen in den verschiedenen Altersgruppen ähnlich gut. Frailty hatte auch bei Patient:innen ohne Komorbiditäten eine prognostische Relevanz für OS und NRM nach alloHSCT.
Ob mit dem neuen Werkzeug oder mit anderen Instrumenten – das Frailty-Syndrom sollte bei allen Erkrankten zum Zeitpunkt der Vorstellung zur alloHSCT evaluiert werden, weil es für das Behandlungsergebnis relevant ist, betonte Dr. Salas. Sie sah den Nutzen der Skala weniger darin, Menschen von der alloHSCT auszuschießen als vielmehr die Zeit bis zur Transplantation für prähabilitative Maßnahmen zu nutzen. Die Skala eignet sich auch zur erneuten Überprüfung der Frailty, beispielsweise nach Prähabilitation oder nach Transplantation, ergänzte sie.
Quelle:
Salas MQ et al. EHA 2025; Abstract LB4005