Anzeige

HIV Schon bei Viruslast unter 1.000 Kopien/ml ist die sexuelle Übertragung höchst unwahrscheinlich

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Eine sexuelle Transmission bei einer Viruslast unter 200 Kopien/ml gilt als ausgeschlossen. Eine sexuelle Transmission bei einer Viruslast unter 200 Kopien/ml gilt als ausgeschlossen. © SewcreamStudio - stock.adobe.com
Anzeige

HIV-Patienten, die durch ihre antiretrovirale Therapie auf eine Viruslast unter 1.000 Kopien/ml kommen, laufen kaum Gefahr ihre Partner beim Sex zu infizieren. Daher könnte sich diese Grenze auch für vereinfachte Therapiekontrollen eignen.

In den meisten Fällen wird das Ziel der antiretroviralen Therapie (ART) erreicht und die Viruslast der HIV-Patienten sinkt unter die Nachweisgrenze. Ein kleiner Teil der Infizierten behält aber trotz der ART eine geringfügige Virämie unterhalb der Schwelle, die als virologisches Versagen gilt (1.000 Kopien/ml). 

Eine sexuelle Transmission bei einer Viruslast unter 200 Kopien/ml gilt als ausgeschlossen. Eine Aussage dazu, wie groß die Gefahr bei einer Low-Level-Virämie ist, wäre v.a. in Ländern relevant, in denen die Gesundheitsressourcen begrenzt und sehr genaue Tests in der Masse nicht möglich sind.

Analyse für 200, 600 und < 1.000 Kopien/ml 

Dr. Laura Broyles, Global Health Impact Group, Atlanta, und Co-Autoren werteten in einer Metaanalyse die Ergebnisse zur sexuellen Transmission bei verschiedenen Graden der Virämie aus. Die Datenbasis lieferten acht Studien mit 7.762 serodiskordanten Paaren aus den Jahren 2010 bis 2022. 
Sie konnten bestätigen, dass bei einer Viruslast unter 200 Kopien/ml keine Transmission stattfindet. Ebenfalls keine Übertragung ließ sich nachweisen, wenn der Indexpatient eine Viruslast unter 600 Kopien/ml aufwies. 

Bei einer Low-Level-Virämie mit < 1.000 Kopien/ml wurden zwei Transmissionen vermerkt. Allerdings blieben auch diese fraglich, weil zum Zeitpunkt der Transmission die letzte Bestimmung der Viruslast bereits 50 bzw. 53 Tage zurücklag. Daraus schließen die Autoren, dass das Übertragungsrisiko auch bei dieser Viruslast so gut wie null ist. 

Laut Dr. Linda-Gail Bekker vom Desmond Tutu HIV Centre an der Universität Kapstadt folgen aus den Ergebnissen drei wichtige Schlüsse:

  • Die Bestimmung der Viruslast muss überall, wo Patienten eine ART erhalten, intensiviert werden. Dabei könnte die Grenze von < 1.000 Kopien/ml ausreichen.
  • Trotz einer Viruslast von < 1.000 Kopien/ml nicht ansteckend zu sein, ist eine Information, die Infizierte entstigmatisiert und ihre Lebensqualität bessert. 
  • Die Daten motivieren dazu, das Ziel der UNAIDS weiter voranzutreiben und ART sowie regelmäßige Testungen weltweit zu etablieren. 

Offen bleibt allerdings, welche langfristigen Konsequenzen eine Low-Level-Virämie für die Gesundheit der Infizierten hat und welches Risiko hinsichtlich einer vertikalen Transmission besteht.

Quellen:

1.    Broyles LN et al. Lancet 2023; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)00877-2
2.    Bekker LG et al. Lancet 2023; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)01519-2