Laufen und Verletzungsrisiko Verletzungsrisiko steigt bei Distanzerhöhung rasant
Wer seinen Körper ohne ein Herantasten zu viel Leistung abverlangen will, riskiert Überlastungsverletzungen.
© lzf – stock.adobe.com
Wer sich beim Laufen verbessern will, muss geduldig sein. Die zurückgelegte Strecke sollte nur in kleinen Schritten verlängert werden. Ein internationales Forscherteam hat untersucht, wie viel Leistungssteigerung die Beine noch mitmachen.
Kaum etwas fürchten ambitionierte Langstreckenläuferinnen und -läufer mehr als Überlastungsverletzungen von Muskeln, Sehnen und Knochen. Denn dann sind Zwangspausen angesagt. Die Läsionen sind hauptsächlich auf Trainingsfehler zurückzuführen, berichten Forschende um Jesper Schuster Brandt Frandsen vom Big Data Centre for Environment and Health an der Universität Aarhus in Dänemark.
Wer seinem Körper in zu kurzer Zeit zu viel zumutet, überfordert die Regenerationsfähigkeit des muskuloskelettalen Systems – das Verletzungsrisiko steigt. Dabei bemerken nur wenige Läuferinnen und Läufer Symptome, bevor die Läsion entsteht. Was genau „zu viel“ ist, berechnet die Sportwissenschaft mithilfe des Quotienten aus der akuten und der chronischen Belastung (engl. Acute:Chronic Workload Ratio, ACWR). Er setzt die Trainingsintensität während der aktuellen Woche mit dem Aktivitätsniveau in den vorangegangenen ein bis vier Wochen ins Verhältnis. Auch Fitnesstracker wie Sportuhren, mit deren Hilfe viele Laufbegeisterte ihr Trainingspensum planen, verwenden diese Formel. Das Ein-Wochen-Zeitfenster bildet das Verletzungsrisiko allerdings nicht präzise genug ab, fand das internationale Wissenschaftlerteam heraus.
Steigerung um mehr als 10 % erhöhte das Verletzungsrisiko
Die Datenbasis für die Analyse lieferten rund 5.200 Erwachsene (78 % Männer, Durchschnittsalter 46 Jahre). Die mehrheitlich aus Europa und Nordamerika stammenden Läuferinnen und Läufer hatten ihr Trainingspensum mithilfe einer Sportuhr dokumentiert. Im Verlauf von 18 Monaten absolvierten sie 588.071 Einheiten, bei welchen 1.311 selbst diagnostizierte Überlastungsverletzungen auftraten.
Im Vergleich zu Trainierenden, die ihre Distanz um höchstens 10 % des längsten, in den vorangegangenen 30 Tagen absolvierten Laufs gesteigert hatten, ging eine Distanzerhöhung von mehr als 10 % (bis 30 %) mit einem um 64 % erhöhten Risiko für Überlastungsverletzungen einher. Eine um mehr als 30 % (bis zu 100 %) verlängerte Laufstrecke erhöhte das Verletzungsrisiko um 52 %. Bei mindestens einer Verdopplung der Distanz waren es 128 %. Mit der Acute:Chronic Workload Ratio oder der Bestimmung der Trainingsbelastung auf einer Woche-zu-Woche-Basis ließ sich keine derartige Korrelation feststellen.
Die Mehrzahl der Überlastungsverletzungen beim Langstreckenlauf ist offenbar nicht auf eine graduelle Zunahme der Trainingsbelastung im Zeitverlauf zurückzuführen. Vielmehr resultieren sie aus einer exzessiven Belastung des Körpers im Rahmen einer einzelnen Laufeinheit, unterstreichen die Forschenden abschließend.
Diesen Paradigmenwechsel sollten sportlich Aktive bei der Planung ihres Trainingspensums berücksichtigen. Auch in der Hausarztpraxis Tätige sollten ihren trainierenden Patientinnen und Patienten empfehlen, ihre Laufstrecke in kleinen Schritten und um nicht mehr als 10 % zu verlängern, um ihre Gesundheit und Sicherheit zu bewahren.
Quelle: Schuster Brandt Frandsen J et al. Br J Sports Med 2025; 59: 1203-1210; doi: 10.1136/bjsports-2024-109380