
Neue Erkenntnisse zur Übertragung von HEV Von der Ratte übers Schwein zum Mensch

Akute Hepatitis-E-Infektionen stellen noch immer eine globale Belastung dar und bleiben ein unterschätztes Problem für das Gesundheitssystem. Der Infektionskrankheit sollte man daher mehr Aufmerksamkeit schenken, meint ein Experte.
Todesfälle aufgrund von Hepatitis E sind in Ländern mit einem guten Gesundheitssystem wie Deutschland selten und auch weltweit sinkt die Gesamtkrankheitslast durch die Infektion. Dennoch warnte Prof. Dr. Thomas Berg vom Universitätsklinikum Leipzig, dass Infektionen mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) ein globales und wahrscheinlich zunehmendes Gesundheitsproblem darstellen.
Während es in ärmeren Ländern vor allem zu Übertragungen von Genotyp 1 und 2 durch kontaminiertes Wasser kommt, treten in Industriestaaten vornehmlich zoonotische Infektionen mit Genotyp 3 und 4 auf (Anm. d. Red.: in Deutschland primär Genotyp 3). Diese Zoonosen sind u. a. auf den Verzehr von Schweine- und Wildfleisch zurückzuführen.
Doch auch neuartige Stämme des Ratten-HEV (Rocahepevirus ratti) können zu einer Infektion beim Menschen führen, wie sich in den vergangenen Jahren zeigte. Ein erster Fall wurde 2018 beschrieben.1 Forschungsergebnisse aus den USA deuten darauf hin, dass Schweine eine Schlüsselrolle bei der Transmission des Ratten-HEV spielen.
Auch ein möglicher Zusammenhang zwischen HEV und sexueller Übertragung wird diskutiert. So legen Studiendaten nahe, dass HEV im männlichen Genitaltrakt persistieren kann und eventuell eine Ursache für Unfruchtbarkeit darstellen könnte. In einer Arbeit mit Schweinen als natürliches Wirtsmodell kam es bei infizierten Tieren zu einer reduzierten Motilität der Spermien sowie zu morphologischen Veränderungen an Kopf und Schwanz der Spermien.
Insbesondere Schwangere sowie immunsupprimierte oder transplantierte Menschen haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf bei einer akuten bzw. einer chronischen Infektion. Bei Personen mit einer bestehenden Lebererkrankung kann es zudem zu einem akut-auf-chronischen Leberversagen kommen.
Eine Impfung könnte schwere Verläufe verhindern. In China gibt es einen bereits zugelassenen Impfstoff, der einen Schutz von bis zu zehn Jahren bietet. In westlichen Ländern war man bislang eher zurückhaltend, was die Einführung eines Impfstoffes betrifft, so der Referent. Doch mit dem Positionspapier aus dem Jahr 2024 von der Viral Hepatitis Study Group der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) gab es erste europäische Bestrebungen: Die Fachgesellschaft sprach sich für ein globales Impfprogramm für Hochrisikopatientinnen und -patienten aus, d. h. für
- Frauen im gebärfähigen Alter in Regionen, in denen Genotyp 1 und 2 zirkulieren,
- Menschen mit einer chronischen Lebererkrankung sowie
- immunsupprimierte Menschen in Regionen mit Genotyp 3 und 4.
Die Empfehlungen für Frauen im gebärfähigen Alter müsse man vor dem Hintergrund eines möglicherweise erhöhten Risikos für Fehlgeburten betrachten, merkte der Referent einschränkend an. So hatte eine Studie gezeigt, dass sich die Gefahr für einen Spontanabort bei Frauen erhöhte, wenn sie kurz vor oder während der Schwangerschaft das Vakzin erhalten hatten. Für die anderen beiden Risikogruppen bewertete Prof. Berg die Impfung aber durchaus als gerechtfertigt.
Quelle:
1.Yadav KK et al. PNAS Nexus 2024; 3: 259; doi: 10.1093/pnasnexus/pgae259