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Estragol Vorsicht mit Fencheltee!

Autor: Sabine Mattes

Der Estragolgehalt in Fencheltees schwankt stark. Der Estragolgehalt in Fencheltees schwankt stark. © Prashant ZI – stock.adobe.com
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Fencheltee ist seit jeher gegen Blähungen im Einsatz – vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern. Doch gerade bei ihnen sollte man mit dem Aufgussgetränk vorsichtig sein. 

Fencheltee ist als natürliches Mittel zur Behandlung von Bauchschmerzen und Blähungen bei Säuglingen weit verbreitet und auch bei stillenden Müttern beliebt. Tatsächlich sind Effektivität und Sicherheit des Nahrungsmittels nicht ausreichend bewiesen, warnt Prof. Dr. Peter Voitl von der Sigmund-Freud-Privatuniversität in Wien. Grund zur Sorge bietet das im Fenchel enthaltene Estragol. In mehreren Studien wurden der Substanz krebserregende und genotoxische Eigenschaften zugeschrieben. Bereits im Jahr 2007 hatte der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der Europäischen Arzneimittel­agentur (EMA) die Anwendung süßer Fenchelprodukte erst für Kinder ab vier Jahren empfohlen und stillenden Müttern vom Konsum abgeraten. 

Die aktuellste Richtlinie stammt aus dem Frühjahr 2023 und bezieht die neuesten Erkenntnisse aus Tierversuchen in die Bewertung mit ein. Die Studien bestätigen eine Hepatokanzerogenität und erbgutverändernde Eigenschaften für hohe Dosen ­Estragol bei Nagetieren. Die Autoren der Richtlinie gehen davon aus, dass sich der Wirkmechanismus auf den Menschen übertragen lässt. 

Der Estragolgehalt in Fencheltees schwanke außerordentlich stark, betont Prof. Voitl. In den getesteten Produkten bewegte er sich zwischen 78 µg/l und 4.634 µg/l. „Bedenkt man zusätzlich, dass Fenchel auch in einzelnen Babynahrungsmitteln in Breiform enthalten ist, so muss die tatsächlich erreichte bzw. ­erreichbare Tagesdosis ungewiss bleiben und kann möglicherweise dem hepatotoxischen Bereich durchaus nahekommen“, erklärt der Wissenschaftler. „In Summe muss empfohlen werden, estragolhaltige Produkte so wenig wie möglich anzuwenden und die Gabe auf ein kurzes Zeitintervall zu beschränken.“ Garantiert werden müsse zudem die korrekte pharmakologische Zubereitung des Tees mit einem standardisierten Estragol­gehalt im sicheren Dosisbereich. 

Oft liegen gar keine Blähungen vor

Unruhe und häufiges Schreien hat bei Babys häufig nichts mit Blähungen zu tun, sondern mit Interaktionsproblemen, gegen die Fenchtee ohnehin nichts ausrichten kann. Starke Beschweden müssen in jedem Fall professionell abgeklärt werden, mahnt Prof. Voitl. Den Eltern von „Schreibabys“ könne auch mit psychologischer Unterstützung weitergeholfen werden.

Quellen:
1. Voitl P. Monatsschr Kinderheilkd 2023; DOI: 10.1007/s00112-023-01852-1
2. EMA Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Public statement on the use of herbal medicinal products containing estragole 2023, EMA/HMPC/137212/2005 Rev 1 Corr 1*