Reerdigung Wenn der Körper kompostiert wird

Autor: Dr. Vera Seifert

Bei einer Reerdigung ist zu beachten, dass sie für hochinfektiöse Leichen nicht infrage kommt, sie müssen kremiert werden. Bei einer Reerdigung ist zu beachten, dass sie für hochinfektiöse Leichen nicht infrage kommt, sie müssen kremiert werden. © ImageSine – stock.adobe.com

Bei der sogenannten Reerdigung wird ein Leichnam in wenigen Wochen zu einer Art Humus zersetzt. Forensiker haben untersucht, was bei dem Prozess übrig bleibt.

Bei einer neuen Bestattungsform – der Reerdigung – wird der Leichnam vor der Beisetzung zu Erdsubstrat umgewandelt. Rechtsmediziner interessierte dabei, ob sich danach noch DNA oder Medikamente nachweisen lassen und ob der „menschliche Humus“ hygienisch unbedenklich ist.

Bei einer Reerdigung wird der Gestorbene unbekleidet in einen Behälter aus Edelstahl oder Hartplastik (Kokon) gelegt. Pflanzliches Material (Klee, Lupinen, Stroh) und Wasser kommen dazu. Dann haben die körpereigenen Bakterien 40 Tage lang Zeit, ihr Werk zu tun. In dieser Zeit entsteht aus dem Weichgewebe eine Art Humus. Die Knochen müssen noch gemahlen werden. Beides wird anschließend vermischt und bestattet – in einem abbaubaren Leinentuch, ohne den Kokon.

Anhand diverser Proben zweier Körperspender, die diesen Prozess durchlaufen haben, wollten Marcus Schwarz und Kollegen vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Leipzig neue Erkenntnisse zum Grad der Zersetzung gewinnen. Zum einen führten sie toxikologische Untersuchungen am entstandenen Erdsubstrat durch. Medikamente, nach denen gezielt gesucht wurde, z.B. Lorazepam, ließen sich teilweise in Spuren noch nachweisen. Eine nicht zielgerichtete Analytik verlief dagegen negativ. Für die Rechtsmediziner sind das gute Nachrichten, weil sich später aufkommende forensische Fragestellungen eventuell noch klären ließen. Aschereste nach einer Kremierung sind dahingehend wertlos.

Zum anderen machten sich die Autoren auf die Suche nach DNA-Spuren. Molekulargenetisch ließen sich in den Bodenproben nur geringe bzw. keine messbaren DNA-Konzentrationen nachweisen. Sollten sich also nach einer Reerdigung noch Fragen zur Identität oder Abstammung der Person ergeben, kann man diese nicht mehr beantworten.

Keine Bestattungsform für hochinfektiöse Leichen

Die Knochen, die nach dem 40-tägigen Zersetzungsprozess im Kokon übrig bleiben, sehen so aus, wie man es bei einer normalen Erdbestattung erst nach 20 bis 50 Jahren erwarten würde, stellen die Rechtsmediziner fest. Zur bodenkundlichen Untersuchung des entstandenen Erdsubstrats lautet ihr abschließendes Urteil: „hygienisch unbedenklich und gut für eine rasche Besiedlung durch Bodenmikroorganismen geeignet“. Die entstandene Erde weise die Eigenschaften von Humus auf.

Was es bei einer Reerdigung zu beachten gilt: Für hochinfektiöse Leichen kommt sie nicht infrage, sie müssen kremiert werden. Zudem muss vor Beginn der Prozedur eine zweite rechtsmedizinische Leichenschau stattfinden.

Quelle: Schwarz M et al. Rechtsmedizin 2024; DOI: 10.1007/s00194-0023-00681-6