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Rheuma Wenn Eisen zur Mangelware wird

Autor: Maria Weiß

Ferritin kann trotz Eisenmangel erhöht sein, weshalb auch auf Transferrinsättigung getestet werden sollte. Ferritin kann trotz Eisenmangel erhöht sein, weshalb auch auf Transferrinsättigung getestet werden sollte. © Artemida-psy – stock.adobe.com
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Bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sollte man immer den Eisen­spiegel im Auge behalten. Die Diagnostik ist allerdings knifflig: Auf Ferritin etwa kann man sich nicht verlassen.

Patienten mit rheumatischen Erkrankungen leiden oft an einer Anämie. Meist liegt eine Mischform aus Eisenmangelanämie und einer Anämie bei chronischer Erkrankung (ACD) vor, schreiben PD Dr. Sarah ­Ohrndorf von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Kollegen. 

Die Gründe für den Eisenmangel sind vielfältig. Einen Verlust findet man z.B. bei gastrointestinalen Blutungen durch die vermehrte Einnahme von NSAR oder infolge der Menstruation. Wie Schwangere, Menschen im Wachstum und Hochleistungssportler haben auch Patienten mit inflammatorischen Erkrankungen einen erhöhten Eisenbedarf. Eine verminderte Resorption kann etwa bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder bei Zöliakie auftreten, die oft mit rheumatischen Erkrankungen assoziiert sind. Eine weitere Ursache können erhöhte Interleukin(IL)-6-Spiegel sein (siehe Kasten).

Wie Interleukin-6 am Eisen nagt

Chronische (z.B. rheumatisch-entzündliche) Erkrankungen gehen oft mit einer inflammatorisch vermittelten Störung der Eisenaufnahme einher. Dahinter steckt Hepcidin: Es reguliert über den Transporter DMT-1 die Resorption von Eisen. Zudem induziert Hepcidin die Degradation von Ferroprotein. In der Folge wird weniger Eisen in die Blutbahn ausgeschleust. Reguliert wird Hepcidin zum einen durch das Eisen selbst. Eisenmangel reduziert die Hepcidinproduktion, nach Eisenaufnahme steigt sie an. Aber auch IL-6 ist bei der Steuerung des Proteins beteiligt. Inflammatorisch bedingte erhöhte IL-6-Spiegel kurbeln die Hepcidinproduktion an, was zu einer verminderten Eisenresorption und -verwertung führt und eine manifeste Anämie auslösen kann.

Ein chronischer Eisenmangel geht häufig in eine Anämie über, die mit zahlreichen unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Dyspnoe und subjektiven Palpitationen bei Belastung verbunden ist. Auch ohne Anämie kann Eisenmangel mit einer Fatigue assoziiert sein. Andere Beschwerden, wie das Restless-Legs-Syndrom oder Ein- und Durchschlafstörungen, werden den Autoren zufolge ebenfalls durch Eisenmangel begünstigt und bessern sich oft schon durch Substitution.

Bei Menschen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen ist zu beachten, dass Ferritin als Akutphaseprotein trotz bestehenden Eisenmangels erhöht sein kann. Daher sollte bei diesen Patienten die Transferrinsättigung als Marker herangezogen werden. Ein Eisenmangel liegt bei einem Wert < 20 % vor, erläutern die Autoren.

Wurde ein Eisenmangel festgestellt, ist das Eisen bevorzugt oral zu substituieren. Abhängig von der Verträglichkeit beträgt die tägliche Dosis 50–100 mg, die mehr als 30 min vor oder mehr als 2 h nach dem Essen eingenommen werden sollte. Keinesfalls darf man die Dosis in mehreren kleineren Portionen über den Tag verteilen, da es nach jeder Eisengabe zu einer Hochregulation von Hepcidin mit verminderter Resorption kommt. Bei schlechter gastro­intestinaler Verträglichkeit ist es besser, die Eisenpräparate nur jeden zweiten Tag einzunehmen. Eine neue Form der oralen Eisensubstitution ist sucro­somales Eisen, dass Hepcidin-unabhängig aufgenommen wird. 

Intravenöse Zufuhr im Fall von Unverträglichkeiten

Ausgeprägte Resorptionsstörungen, Unverträglichkeit gegenüber oralen Eisenpräparaten oder ein sehr hoher Bedarf erfordern die intravenöse Substitution. In Deutschland stehen dafür Fe3+-Glukonat, Fe3+-Hydroxid-Saccharose und Fe3+-Carboxymal­tose zur Verfügung. In letzterer Form können bis zu 1.000 mg Eisen auf einmal verabreicht werden.

Der Ausgleich eines Eisenmangels bessert die Beschwerden der Betroffenen erheblich, betonen die Autoren. Die Substitution ist deshalb eine wichtige Stellschraube bei der Betreuung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen.

Quelle: Ohrndorf S et al. internistische praxis 2023; 67: 68-75