
Prostatakrebs Wie sich eine radikale Prostatektomie auf Verlangen und gelebte Intimität auswirkt

Urogenitale Tumoroperationen stellen ein potenzielles Risiko für die sexuelle Gesundheit dar, wie PD Dr. Yannic Volz, LMU Klinikum München, erinnerte. In einer laufenden prospektiven Analyse werten er und Kolleg:innen diesbezüglich Patient-reported Outcomes aus.1 Die Erhebung über mehrere validierte Fragebögen erfolgt sowohl vor der Resektion als auch drei und zwölf Monate postoperativ.
Aus der Befragung von mehr als 100 Prostatakrebserkrankten ging hervor, dass sowohl die Erektionsfähigkeit als auch die Libido, die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs und die empfundene Befriedigung drei Monate nach der radikalen Prostatektomie geringer ausfallen. Nicht geändert hat sich jedoch der Stellenwert der Sexualität für die Betroffenen. Der Experte stellte klar: „Die Patient:innen hätten gerne noch Sexualität in ihrem Leben.“
Dr. Volz ergänzte, dass die selbstberichtete Kommunikation mit Gesundheitspersonal zwar im Vergleich zur präoperativen Phase zunahm, aber auf niedrigem Niveau blieb. „Ich glaube, da ist auf jeden Fall noch etwas Bedarf nach oben.“ Allgemein hält er die Versorgung für „stark ausbaufähig“.
Sexualität nach Prostatektomie
Dr. Victoria Alexandra Göldner, Klinikum rechts der Isar, München, kritisierte wiederum, dass der Fokus bei der postoperativen Beurteilung des Sexuallebens stark auf der Erektionsfähigkeit liege.2 Sie und ihr Team erfassten prospektiv nicht nur den Geschlechtsverkehr, sondern auch andere Formen der sexuellen Aktivität vor und fünf Jahre nach der radikalen Prostatektomie. Alles in allem befragten sie 718 Betroffene, die fünf Jahre Post-OP durchschnittlich 70,7 Jahre alt waren und zu 91,9 % in einer Partnerschaft lebten.
Während vor dem Eingriff 76,2 % der Teilnehmenden sexuell aktiv waren und 73,2 % Geschlechtsverkehr praktizierten, betrugen diese Raten fünf Jahre später 39,8 % respektive 28,6 %. Besonders häufig nannten Befragte als neu entwickelte oder vermehrt ausgeübte Praktiken Masturbation, Kuscheln und Streicheln, Oralverkehr sowie die Nutzung von Hilfsmitteln für beide Geschlechter. „Man sieht deutlich, die Patienten verändern ihr Sexualleben, werden kreativer, nutzen andere Formen der sexuellen Aktivität oder verlagern den Fokus auf die Intimität“, beschrieb die Kollegin.
Die Referentin schlussfolgerte, dass Erkrankte auch nach der Prostatektomie in gewissem Maße sexuell aktiv bleiben, wobei Praktiken außer penetrativem Geschlechtsverkehr an Bedeutung gewinnen. Somit sollten Ärzt:innen die Beurteilung des Sexuallebens nicht nur auf die erektile Funktion beschränken, sondern weitere Aspekte in das Gespräch mit Patient:innen einbeziehen.
Quelle:
1. Volz Y. 77. DGU-Kongress; Vortrag „Veränderungen der Sexualität bei Prostatakrebspatienten nach Prostatektomie: eine prospektive Analyse der sexuellen Gesundheit“
2. Göldner VA. 77. DGU-Kongress; Vortrag „Sexualleben von Männern fünf Jahre nach radikaler Prostatektomie“