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Bowel Urgency „Wir müssen es den Patienten erleichtern, darüber zu sprechen“

Medizin und Markt Autor: Kathrin Strobel

Die Symptome eines Magen-Darm-Infektes - und das ein Leben lang. Patient:innen mit dem Symptom des imperativen Stuhlgangs sind oft beschämt und trauen sich nicht das Problem anzusprechen. Die Symptome eines Magen-Darm-Infektes - und das ein Leben lang. Patient:innen mit dem Symptom des imperativen Stuhlgangs sind oft beschämt und trauen sich nicht das Problem anzusprechen. © RealPeopleStudio – stock.adobe.com
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Patienten, die an imperativem Stuhldrang leiden, sind in ihrer Lebensqualität meist stark eingeschränkt. Viele Betroffene verschweigen das Symptom aus Scham. Das sollten Ärzte auf dem Schirm haben – und das Thema Bowel Urgency adäquat adressieren.

Können Sie sich an Ihren letzten Magen-Darm-Infekt erinnern – und daran, wie es Ihnen dabei ging? Und jetzt stellen Sie sich vor, die Symptome sind nicht nach einigen Tagen vorbei, sondern halten Ihr Leben lang an. „Dann wissen Sie, wie sich Menschen mit CED fühlen“, sagte Prof. Dr. Tanja­ Kühbacher­ von der Medius Klinik Nürtingen. Sich als Arzt auf dieses Gedankenexperiment einzulassen, hilft ihr zufolge dabei, sich besser in Patienten mit CED hineinversetzen zu können. 

Laut der CONFIDE-Umfrage mit 200 Colitis-ulcerosa-Patienten ist für ein Viertel die sogenannte Bowel ­Urgency das Symptom der Erkrankung, das sie am stärksten beeinträchtigt. Als Bowel Urgency oder imperativer Stuhldrang wird das plötzliche und dringende Bedürfnis, den Darm zu entleeren, bezeichnet. Mehr als acht von zehn Patienten mit Colitis ulcerosa sind davon betroffen. Etwa 50 % aller CU-Patienten berichten von mindestens einmal täglicher Bowel ­Urgency. In schweren Fällen bleiben den Betroffenen weniger als 30 Sekunden, um eine Toilette aufzusuchen. Die Angst vor „Unfällen“ ist bei vielen so groß, dass sie immer in der Nähe einer Toilette bleiben. Andere tragen Windeln oder Einlagen, erklärte Prof. Dr. Christian­ Jacob­, ­Medius Klinik Kirchheim. Bowel-Urgency oder die Angst vor einem damit assoziierten „Unfall“ sind mit die häufigsten Gründe für die Absage von sozialen, schulischen oder beruflichen Aktivitäten.

Als Arzt sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Bowel Urgency ein häufiges Symptom bei CED ist, das von Patienten aber oft aus Scham verschwiegen wird. 

Auch das Sexleben sollte man thematisieren

Es ist außerdem wichtig zu wissen, dass der imperative Stuhldrang oft auch dann weiter besteht, wenn ansonsten eine symptomatische Remission erreicht wurde, sich also z.B. die Stuhlfrequenz normalisiert hat. Es ist die Aufgabe des behandelnden Arztes, die Betroffenen darauf anzusprechen, betonte Prof. Kühbacher. Auch mögliche Auswirkungen auf das Sexleben sollten thematisiert werden. Denn mehr als 40 % der Teilnehmer der CONFIDE-Umfrage gaben an, sexuelle Aktivitäten aufgrund von Bowel Urgency zu vermeiden. „Wir müssen es den Patienten erleichtern, darüber zu sprechen“, forderte Prof. Kühbacher. Als Arzt braucht man eben nicht nur Verstand, sondern auch Herz, ergänzte Prof. Jacob.

Quelle: Kamingespräch „Bauchgefühl: CED und Psyche – die Auswirkungen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen auf die psychische Gesundheit“; Veranstalter: Lilly Deutschland GmbH