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Schlafapnoe-Diagnose per Telemedizin Der Apnoe-Hypopnoe-Index reicht dafür nicht aus

DGIM 2023 Autor: Maria Weiß

Zur Diagnosestellung des Schlafapnoe-Syndroms sind die Ergebnisse eines CPAP-Gerätes nicht allein entscheidend, auch andere Kriterien sollten betrachtet werden.(Agenturfoto) Zur Diagnosestellung des Schlafapnoe-Syndroms sind die Ergebnisse eines CPAP-Gerätes nicht allein entscheidend, auch andere Kriterien sollten betrachtet werden.(Agenturfoto) © Paolese – stock.adobe.com
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Eine Krankenkasse bietet ihren Versicherten an, sich zu Hause selbst auf nächtliche Atem­aussetzer zu testen. Warum das in den meisten Fällen keine gute Idee ist und welche Fallstricke es bei der Diagnose des Schlafapnoe-Syndroms zu beachten gibt.

Einfach mit einem ambulanten Gerät die Zahl der Atemaussetzer pro Stunde im heimischen Bett bestimmen, dem Patienten bei Bedarf ein CPAP-Gerät zuschicken und ihm telemedizinisch die Nutzung erklären – könnte es wirklich so einfach sein? Zumindest ist es das in der Vorstellung der Techniker-Krankenkasse, die ihren Versicherten eine solche Option anbietet, berichtete Prof. Dr. ­Georg ­Nilius von der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- & Beatmungsmedizin an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte.

Doch der Apnoe-Hypopnoe-Index, der mit solchen Geräten bestimmt werden kann, ist für die Therapie­indikation nicht allein entscheidend: Ein Wert von mehr als 5 pro Stunde wird allgemein als pathologisch angesehen. Das wäre bei jedem zweiten Mann über 50 der Fall, erklärte der Schlafmediziner. Mit dem telemedizinischen Modell der TK würde man somit viele Gesunde zu Schlafapnoe-Patienten machen.

Gefürchtete Folge eines Schlaf­apnoe-Syndroms ist das erhöhte kardiovaskuläre Risiko. Der AHI ist dafür aber nicht entscheidend, wie eine Untersuchung gezeigt hat. Assoziiert mit einem erhöhten Risiko war hier nur eine exzessive Tagesmüdigkeit, also eher ein klinischer Parameter, der vom Behandelnden abgefragt werden muss. Patienten mit ausgeprägter Tagesmüdigkeit zeigen auch die höchste Adhärenz mit der CPAP-Therapie, weil sie den positiven Effekt unmittelbar feststellen.

Möglicherweise muss man bei der Polysomnografie auf ganz andere Parameter schauen. Ein entscheidender Faktor für Herzinsuffizienz und verkürzte Lebenserwartung scheint beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) die Hypoxie-Last über die gesamte Nacht zu sein. Dieser Parameter wird aber bisher von keinem Gerät zuverlässig erfasst. Auch für kognitive Einschränkungen als Folge eines OSAS ist ein Zusammenhang mit dem Abfall der Sauerstoffsättigung unter 90 % gezeigt worden, was in eine ähnliche Richtung weist.

Bei einer hohen Prätestwahrscheinlichkeit mit Schnarchen, beobachteten Atemaussetzern und Tagesmüdigkeit könne die Diagnose OSAS auch mit einem geeigneten ambulanten System gestellt werden, so Prof. Nilius. Bei unklarer klinischer Symptomatik seien aber weiterhin die Untersuchung durch einen erfahrenen Schlafmediziner und die Polysomnografie erforderlich. 

Das größte Problem bei der CPAP-Therapie ist nach wie vor die mangelnde Adhärenz. Hier kann die Telemedizin durchaus hilfreich sein. Die Nutzung der Maske lässt sich per App erfassen; nach Übertragung der Daten erkennt der Behandler auf einen Blick die Therapietreue. So wird klar, ob eine Restsymptomatik möglicherweise trotz Nutzung der Maske besteht.

Lassen sich Parameter wie Herzfrequenz, Sättigung und Schlafqualität heute nicht einfach auch mit Geräten wie einer Smartwatch erfassen? Hier riet der Experte dringend ab. Zunehmend kämen völlig Gesunde zum Schlafmediziner und sagten „Mir geht’s eigentlich gut, aber meine Uhr sagt mir, ich schlafe schlecht“. Diese Geräte müssten erst validiert werden, sagte Prof. Nilius und gab zu bedenken: „Wir können bisher noch nicht einmal genau sagen, welche Parameter am aussagekräftigsten sind.“

Quelle: Kongressbericht 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin