
Beschwerden bei Jüngeren ernster nehmen Diagnose bei frühem Darmkrebs erfolgt zu oft verzögert

Etwa 15 % der neu diagnostizierten Darmkrebserkrankungen betreffen Menschen unter 50 Jahren. Man bezeichnet sie als früh auftretende Kolorektalkarzinome. Ihr Anteil hat in den letzten Jahren zugenommen und wird wahrscheinlich weiter steigen.
An Darmkrebs wird in der Arztpraxis oft nicht gedacht, wenn sich ein junger Mensch mit Symptomen wie Bauchschmerzen oder Blutungen vorstellt. Eher vermutet man ein Reizdarmsyndrom oder blutende Hämorrhoiden. Eine Analyse hat gezeigt, dass Menschen mit symptomatischem, früh auftretendem Kolorektalkarzinom im Jahr vor der Diagnose wegen ihrer Symptome durchschnittlich mindestens dreimal eine Allgemeinarztpraxis aufgesucht haben, bevor sie in die gastroenterologische Facharztpraxis überwiesen wurden.
Diese Verzögerung ist ein Grund dafür, dass sich Kolorektalkarzinome bei jüngeren Personen häufiger als bei älteren Menschen zum Zeitpunkt der Diagnose in einem fortgeschrittenen Stadium befinden. Nach einer Registerstudie aus den USA trifft dies auf knapp die Hälfte der unter 50-Jährigen versus etwa einem Drittel der älteren Erkrankten zu. Passend dazu hat die Darmkrebsmortalität bei Menschen unter 50 Jahren in den letzten 15 Jahren zugenommen, während sie bei älteren Erkrankten zurückgegangen ist.
Rektumkarzinome treten bei jungen Menschen gehäuft auf
Das sogenannte Early-Onset-Kolorektalkarzinom erhöht die Wahrscheinlichkeit für verschiedene Lebens- und Alltagseinschränkungen, wie z.B. das Tragen eines Stomas. Eine weitere Besonderheit des frühen Erkrankungsbeginns ist das gehäufte Auftreten eines Rektumkarzinoms. Nach US-Registerdaten wiesen 42 % der unter 50-jährigen Personen mit Darmkrebs versus 24 % der über 65-jährigen ein Rektumkarzinom auf.
Etwa 75 % aller Neudiagnosen eines frühen kolorektalen Karzinoms sind sporadische Fälle, die restlichen mit hereditären Konditionen (z. B. Lynch-Syndrom) assoziiert. Doch auch bei den sporadischen Erkrankungen besteht eine genetische Suszeptibilität. Man nimmt an, dass auch Umweltrisikofaktoren wie der frühe Konsum von zuckergesüßten Getränken, sitzender Lebensstil, Veränderungen des Mikrobioms oder häufiger und früher Antibiotikagebrauch in der Kindheit eine Rolle als Risikofaktoren spielen.
Ein junges Patientenalter sollte kein Grund sein, Darmkrebs nicht in differenzialdiagnostische Überlegungen einzubeziehen. Wenn verdächtige Symptome vorhanden sind, wie rektale Blutung, Bauchschmerzen, Tenesmen, veränderte Stuhlcharakteristika, unerklärter Gewichtsverlust, eine tastbare abdominale Masse oder eine Anämie, sollte auch bei jüngeren Personen ein quantitativer fäkaler immunohistochemischer Test (FIT) durchgeführt werden. Dieser Test auf humanes Hämoglobin im Stuhl weist bei einem Cut-off von > 10 µg/g (= positiv) eine Sensitivität von 92,2 % für ein Kolorektalkarzinom auf. Der positive prädiktive Wert beträgt bei diesem Cut-off 16,2 %.
Die Daten, auf denen diese Werte basieren, wurden allerdings weitgehend bei älteren Personen erhoben. Eine neue Metaanalyse hat gezeigt, dass sich bei Menschen unter 50 Jahren mit typischen Symptomen die Wahrscheinlichkeit für ein kolorektales Karzinom um das 20-Fache erhöht, wenn der FIT positiv ausfällt. Die Untersuchung auf okkultes Blut im Stuhl wird ergänzt durch ein Basislabor mit Blutbild, Ferritin, Harnstoff, Elektrolyten und Leberwerten.
Die Anamnese muss neben den aktuellen Symptomen auch den medizinischen Hintergrund erfassen. Hinsichtlich des Krebsrisikos relevant sind chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, kolorektale Polypen und Adipositas sowie Alkoholkonsum und Rauchanamnese. Eine positive Familienanamnese für Darmkrebs, Endometrium-, Ovarial- und Magenkarzinom kann ebenso zum Risiko beitragen.
Fällt der FIT positiv aus oder persistiert das Symptom Blutung trotz unauffälligem FIT-Ergebnis, sollte die Patientin oder der Patient zur Koloskopie innerhalb der nächsten zwei Wochen überwiesen werden. Auch bei Hochrisikosymptomen wie Gewichtsverlust oder palpabler rektaler Masse sollte eine weitergehende Untersuchung nicht hinausgeschoben werden. Bei der Koloskopie kann eine Neoplasie aus verschiedenen Gründen übersehen werden. Deshalb sollte man eine Kontrolluntersuchung vereinbaren, falls die Symptome persistieren.
Mögliche Langzeitfolgen stärker beachten
Das Alter der Patientin oder des Patienten macht keinen Unterschied im Management eines kolorektalen Karzinoms. Standard ist die radikale Darmresektion. Jüngere Menschen brauchen allerdings häufiger aggressivere Therapien, weil ihre Krebserkrankung oft schon weiter fortgeschritten ist. Wichtiger als bei Älteren ist auch eine langfristige Unterstützung für die berufliche und familiäre Lebensplanung und mögliche Langzeitfolgen von aggressiven Therapien müssen stärker beachtet werden.
Quelle: 1.Chambers AC et al. BMJ 2025; 389: e082452; doi: 10.1136/bmj-2024-082452
2.Burke D, Reid H. BMJ 2025; 389: r1121; doi: 10.1136/bmj.r1121