Anzeige

Einweisungsverhalten Die Erfahrung macht’s

Autor: Maria Weiß

Altgediente Ärzte verzichten häufiger auf Klinikeinweisung. Altgediente Ärzte verzichten häufiger auf Klinikeinweisung. © iStock/g-stockstudio
Anzeige

Kann der Patient nach Hause oder muss er in die Klinik? Ältere Kollegen und Männer entscheiden sich bei einem Notfall eher gegen die Einweisung, wenig erfahrene Ärztinnen und Ärzte eher dafür.

Welche Faktoren bewegen einen Arzt dazu, einen ihm weitgehend unbekannten Patienten stationär versorgen zu lassen oder nicht? Gibt es beim Einweisungsverhalten Unterschiede zwischen Ärztinnen und Ärzten? Welche Konsequenzen hat die Entscheidung für die Sicherheit der Patienten und das Gesundheitssystem? Diesen Fragen ging das Team um Ellen Svedahl vom Department of Public Health and Nursing der Norwegian University of Science and Technology in Trondheim nach.

Dazu werteten die Wissenschaftler sämtliche Konsultationen der Jahre 2008 bis 2016 aus, die in Norwegen außerhalb der regulären Sprechstunden in den ärztlichen Bereitschaftspraxen des Landes stattgefunden hatten. Wie sich zeigte, wurden Patienten im Alter von 70 Jahren und älter in diesen Situationen deutlich häufiger unplanmäßig ins Krankenhaus geschickt als jüngere Menschen (25,8 % vs. 12,4 %). Berücksichtigt man die absolute Zahl von ca. 200.000 Einweisungen, ergeben sich dadurch auch erhebliche Kosten für das Gesundheitssystem, so die Autoren. Naturgemäß war in der Gruppe der über 70-Jährigen die Mortalität in den 30 Tagen nach dem Arzt-Patienten-Kontakt höher als bei den Jüngeren (4,6 % vs. 0,2 %).

Je älter die diensthabenden Mediziner waren, umso seltener erfolgte eine Einweisung. Bei Ärzten war die Wahrscheinlichkeit hierfür bei über 70-Jährigen Patienten um 12 % geringer als bei Ärztinnen, für Kinder unter 11 Jahren betrug der Unterschied sogar -24 %. Kinder mit kritischer Erkrankung wiesen Kollegen sparsamer ein als Kolleginnen.

Höheres Lebensalter und männliches Geschlecht der Ärzte gingen bei ihren Patienten zudem mit weniger ungeplanten Krankenhausaufenthalten und geringeren Kosten innerhalb von 30 Tagen nach der Konsultation einher.

Nach Hause statt in die Klinik

Insgesamt schickten spezialisierte Allgemeinmediziner ihre Notfallpatienten seltener außer der Reihe ins Krankenhaus als weniger spezialisierte Kollegen, Ärzte mit geringer Erfahrung mit Notfällen hingegen häufiger. Verfuhren die Ärzte eher strenger mit den Klinikeinweisungen, hatte das kaum einen Einfluss auf die 30-Tages-Mortalität der Patienten.

Allerdings lag bei Ärzten, die eher weniger Erfahrung in der Notfallversorgung aufwiesen, die Patientensterblichkeit um 12–17 % höher als bei erfahrenen Kollegen. Möglicherweise wurden die Kranken öfter nach Hause geschickt, obwohl sie eigentlich in die Klinik gemusst hätten.

Quelle: Svedahl ER et al. Fam Pract 2021; DOI: 10.1093/fampra/cmab120