
Schmerzlinderung „Die Natur ist die beste Apotheke“

In einer neuen Studie konnte ein internationales Team aus Neurowissenschaftler*innen unter Leitung der Universität Wien zeigen, dass Naturerfahrungen akute körperliche Schmerzen lindern können. Um den komplexen Prozess der Schmerzverarbeitung besser zu verstehen und Therapiemöglichkeiten zu finden, haben Studienleiter Max Steininger und seine Kolleg*innen den Zusammenhang von Natur und Schmerzen untersucht: Schmerzgeplagte Proband*innen bekamen drei unterschiedliche Videos zu sehen, eine Szene in der freien Natur sowie ein Innenraum und eine städtische Szene. Dabei mussten sie die Schmerzen selbst bewerten, zusätzlich wurde ihre Gehirnaktivität mithilfe eines funktionellen Magnetresonanztomografen gemessen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Beim Betrachten der natürlichen Szene berichteten die Teilnehmer*innen von weniger Schmerzen und zeigten auch eine geringere Aktivität in Gehirnregionen, die mit der Schmerzverarbeitung verbunden waren.
Verarbeitung von Schmerzsignalen wird reduziert
Analysen der Gehirnaktivität zeigten, dass das Betrachten von Natur vor allem die frühen, körperbezogenen Schmerzsignale verringerte. „Die Schmerzverarbeitung setzt sich wie ein Puzzle aus verschiedenen Teilen zusammen, die im Gehirn unterschiedlich verarbeitet werden. Einige Puzzleteile bestimmen unsere emotionale Reaktion auf den Schmerz, also etwa, ob wir ihn als unerträglich empfinden. Andere Puzzleteile betreffen die dem Schmerz zugrunde liegenden körperlichen Signale, also etwa Informationen darüber, wo im Körper der Schmerz lokalisiert ist und wie intensiv er gerade ist. Anders als etwa bei Schmerzreduktion durch Placebos, die in der Regel unsere emotionale Reaktion auf den Schmerz verändern, führte das Betrachten von Natur dazu, dass die frühen, körperbezogenen Signale vom Gehirn anders verarbeitet wurden. Der Effekt scheint also weniger mit den Erwartungen und Emotionen der Teilnehmer*innen zu tun zu haben, sondern mehr mit der Veränderung von zugrunde liegenden Schmerzsignalen“, erklärt Steininger.
Dr. Claus Lamm, Professor für Biologische Psychologie und Leiter der Social, Cognitive and Affective Neuroscience Unit (SCAN-Unit), ergänzt: „Aus einer weiteren aktuell laufenden Studie wissen wir, dass Menschen zuverlässig weniger Schmerz empfinden bzw. davon berichten, wenn sie natürlichen Umgebungen ausgesetzt sind. Bisher war allerdings unklar, warum das so ist. Unsere Studie legt nahe, dass unser Gehirn weniger auf den körperlichen Auslöser und die Intensität des Schmerzes reagiert.“
Quelle: Steininger MO et al. Nat Commun 2025; 16(1): 2037; DOI: 10.1038/s41467-025-56870-2