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ESMO Young Oncologists Committee Dr. Teresa Amaral über ihre Arbeit bei den ESMO Young Oncologists

Autor: Dr. Judith Besseling

In einem Interview berichtet Dr. Teresa Amaral über ein Herzensprojekt und über ihre Arbeit bei den ESMO Young Oncologists.
In einem Interview berichtet Dr. Teresa Amaral über ein Herzensprojekt und über ihre Arbeit bei den ESMO Young Oncologists. © Davide Angelini – stock.adobe.com
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Ein virtuelles Mentoring als Herzensprojekt, Denkanstöße für eine effizientere klinische Forschung in Europa und natürlich die Young Oncologist Sessions
beim ESMO Congress: Dr. Teresa Amaral, Universitätsklinikum Tübingen, bringt sich auf vielen Gebieten in die europäische Fachgesellschaft ein. Was sie dort genau macht, erläutert sie im Interview.

Frau Dr. Amaral, wie sind Sie zur ESMO gekommen?

Dr. Teresa Amaral: Mein erster Berührungspunkt mit der Fachgesellschaft war das ESMO Exam. In Portugal, wo ich ursprünglich herkomme, ist es gern gesehen, wenn Onkolog:innen diese Prüfung ablegen. Also habe ich ge­googelt, wie man daran teilnehmen kann. Das war 2012. Und 2013 bin ich dann tatsächlich das erste Mal zum ­ESMO-Kongress gefahren, um die Prüfung abzulegen.

Anfangs habe ich mich noch eher in der portugiesischen Fachgesellschaft engagiert und dort eine nationale Gruppe für junge Onkolog:innen mit aufgebaut. 2016 ist dann die ESMO auf mich zugekommen mit der Frage, ob ich Teil des ESMO Young Oncologists Committee werden möchte.

Sie sind mittlerweile Vorsitzende des ESMO Young Oncologists Committee. Womit befasst sich diese Gruppe?

Dr. Amaral: Das ESMO YOC legt seinen Fokus auf Karriereplanung und berufliche Weiterentwicklung. Somit besteht unsere Hauptaufgabe darin, den YOC-Track für den jährlichen ESMO Congress zu organisieren. Diese Sessions sind teilweise deutlich informeller als die gewöhnlichen Vorträge. Es geht beispielsweise um Mentoring, Falldiskussionen oder Karriereplanung im Ausland. Also Themen, die besonders die jüngere Generation interessieren.

Mittlerweile gibt es auch Aktivitäten außerhalb des Kongresses. Dazu zählt der Virtual Train to ESMO in Kooperation mit der Climate Task Force. Das erste Mal war es noch ein realer Zug, das war vor der COVID-19-Pandemie. Die ers­ten Teilnehmenden sind in Skandinavien gestartet und haben sich mit dem Zug auf den Weg nach Barcelona gemacht. Unterwegs stießen immer mehr Kongressbesucher:innen aus den anderen Ländern dazu.

Seit der Pandemie sind wir auf das virtuelle Format umgestiegen. Darin lassen wir einen virtuellen Zug durch die verschiedenen Länder fahren. Auf der Reise gibt es Präsentationen von Mitgliedern des YOC und der Climate Task Force, die im offiziellen virtuellen Kongressprogramm keinen Platz gefunden haben. Für uns ist es also eine tolle Gelegenheit, noch mehr Themen aufzugreifen.

Darüber hinaus haben wir die YO-for-YO-Sessions ins Leben gerufen. Diese finden einmal monatlich virtuell statt. Es können How-to- oder Mentorship-Sessions sein, aber auch klinische Kasuistiken. Unser Ziel ist dabei, auch außerhalb der Jahrestagung Kontakt mit den Kolleg:innen zu haben; vor allem mit denjenigen, die keine Gelegenheit hatten, am ESMO-Kongress teilzunehmen. Seitdem es wieder die Möglichkeit zu Präsenzveranstaltungen gibt, weiten wir unsere Sessions auf die anderen, kleineren ESMO-Kongresse aus, sodass wir auch dort überall vertreten sind.

Welches Projekt liegt Ihnen besonders am Herzen?

Dr. Amaral: Mich hat besonders gefreut, dass wir in meiner Amtszeit ein virtuelles Mentorship-Programm auf die Beine stellen konnten. Bisher gab es bei der ESMO schon die Möglichkeit, ein Fellowship zu bekommen für Hospitationen in anderen Kliniken. Als ich im YOC gestartet bin, habe ich aber immer wieder mitbekommen, dass es für viele angehende Onkolog:innnen schwierig ist, für eine längere Zeit zu reisen. Und das ist einer der Gründe, warum sie Schwierigkeiten haben, eine Mentorin oder einen Mentor zu finden.

2020 nahmen jeweils elf Mentor:­innen und Mentees an unserer ers­ten Runde des Programms teil. Die Mentees durften wählen, in welchem Bereich sie sich Unterstützung wünschen: z.B. wissenschaftliche Projektplanung, Karriereplanung oder Work-Life-Balance. Insgesamt war der Start sehr erfolgreich. Wir hatten Teilnehmende, die mithilfe der Mentorin oder des Mentors ein Paper publizieren konnten oder deren Projektförderungsantrag bewilligt wurde.

In der aktuellen Runde, die im September beim ESMO-Kongress in Paris initiiert wurde, nehmen bereits 31 Onkolog:innen teil. Im Laufe des Programms treffen sich die Mentor:innen und Mentees regelmäßig online. Als Abschluss ist wieder ein reales Treffen auf der nächsten ESMO-Jahrestagung vorgesehen.

Auch außerhalb der ESMO gibt es – auf nationaler und internationaler Ebene – Möglichkeiten für junge Onkolog:innen, sich zu vernetzen. Wie gut werden diese Angebote genutzt?

Dr. Amaral: Über zu wenig Interesse können wir uns zumindest beim ESMO YOC nicht beschweren. Als Mitglied einer Fachgesellschaft sollte man sich unbedingt genug Zeit nehmen, um sich wirklich zu engagieren – nicht nur als Chair. Manchmal ist das natürlich gar nicht so einfach. Gerade für die jungen Kolleg:innen, die sich noch in der Facharztausbildung befinden. Aber es ist einfach ein großer Gewinn. Man hat so viele Kontakte, die sich in der Zukunft zum Beispiel für Kooperationsprojekte oder die eigene berufliche Weiterentwicklung nutzen lassen.

Was schätzen Sie an der Arbeit auf europäischer Ebene?

Dr. Amaral: Ich glaube, man hat eine deutlich größere Reichweite, wenn man international zusammensteht. Die ESMO als Institution ist ein sehr starker Partner und wird auch als solcher gesehen. Wenn unsere Ideen und Projekte akzeptiert sind, haben wir die Möglichkeit, tatsächlich etwas zu bewirken. Das trifft bei der ESMO zu. Ein Beispiel: Wir haben 2019 eine Task Force ins Leben gerufen, mit der wir darauf aufmerksam machen wollen, wie schwierig es ist, in Europa im Rahmen klinischer Studien zu forschen. Besonders die administrative Arbeit macht uns Ärztinnen und Ärzten dabei das Leben schwer. Das bringt viel Unmut im Kollegium mit sich.

Als Projekt der Clinical Research Observatory Task Force haben wir deshalb eine Umfrage durchgeführt, um die Stimmung einzufangen. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sich unbedingt etwas ändern muss, wenn klinische Forschung in Europa weiterhin bestehen soll. Vor Kurzem haben wir die Ergebnisse in Annals of Oncology publiziert.1 Das ist eines der offiziellen Journals der ESMO mit einem Impact Factor von mehr als 50 – eine gewisse Sichtbarkeit also. In der Publikation haben wir definiert, was nicht gut läuft und Vorschläge definiert, wie Lösungen aussehen könnten. So wollen wir helfen, die klinische Forschung effizienter zu machen, was letztlich auch den Patient:innen zugute kommt.

Ein kleiner Abstecher: Sie sind sehr aktiv auf Twitter und haben dort mit über 1.000 Followern eine relativ große Community. Wie profitieren Sie beruflich von Social Media?

Dr. Amaral: Ich nutze Twitter v.a. als Learning- und Networking-Tool. Ich werde dort auf neue Publikationen aufmerksam gemacht, die auch in der Community diskutiert werden. Zudem nutze ich Twitter für Kooperationsanfragen und junge Onkolog:innen kontaktieren mich vermehrt über die Plattform. Twitter ist einfach anders als die weiteren Social-Media-Kanäle.

In einigen Fällen nutze ich dieses Medium auch, um nach Therapie­optionen oder einer Studienteilnahme für Patient:innen zu suchen, deren Tumor nicht mit Standard­therapien zu behandeln ist. Eigentlich findet sich dort immer jemand, der oder die weiterhelfen kann.

Interview: Dr. Judith Besseling

Quelle:
1. Perez-Gracia JL et al. Ann Oncol 2022; DOI: 10.1016/j.annonc.2022.09.162

Dr. Teresa Amaral, Universitäts-Hautklinik
Tübingen
Dr. Teresa Amaral, Universitäts-Hautklinik Tübingen © z.V.g.