
Fremde Länder, fremde Keime Durchfall auf Reisen ist weit mehr als eine vorübergehende Unpässlichkeit

Eine Reisediarrhö ist nicht nur lästig, sie birgt auch Langzeitrisiken: Aus dem akuten Durchfall kann sich ein Reizdarmsyndrom entwickeln. Wer früh zeitig handelt, beugt dem vor.
Die schlechten hygienischen Verhältnisse in einigen Weltregionen können für Urlaubsreisende böse Folgen haben. Denn wer sich nicht vorsieht, muss womöglich einen gehörigen Teil des Urlaubs mit Reisediarrhö auf der Toilette verbringen. Besondere Vorsicht ist vor allem in Südasien geboten, berichtete der Reisemediziner Prof. Dr. Robert Steffen von der Universität Zürich. Hotelbuffets und Straßenimbisse solle man eher meiden, um eine Infektion mit durchfallauslösenden Keimen so weit wie möglich zu verhindern. Regelmäßiges Händewaschen schützt zusätzlich, ebenso wie das eigenständige Zubereiten von Speisen unter Beachtung der üblichen Hygiene.
Besonders oft von Durchfall betroffen sind auch Medizinstudierende, die in Entwicklungs- oder Schwellenländern famulieren, ebenso Entwicklungshelferinnen und -helfer, führte Prof. Steffen aus. Neben mangelnder Hygiene tragen individuelle Faktoren zur Entstehung der Reisediarrhö bei. Dazu zählen:
- ein Lebensalter unter 35 Jahren
- Aufenthalt in einem Entwicklungsland
- unterwegs als Rucksacktourist
- Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren
Interessanterweise hat auch ein hoher BMI Einfluss. Den Zusammenhang erklärt sich der Referent so: „Menschen mit einem höheren BMI haben einen größeren Appetit und nehmen dadurch mehr Pathogene auf.“
Reizdarmsymptome hielten über zwölf Monate an
Eine mögliche Langzeitfolge von Reisediarrhö ist das Reizdarmsyndrom. Einer neueren Studie zufolge erkrankte rund ein Drittel einer Kohorte von gesunden Reisenden an Durchfall. Rund 12 % aus dieser Gruppe entwickelten anschließend ein Reizdarmsyndrom. Bei knapp 80 % der so Betroffenen persistierten die Beschwerden über zwölf Monate.
Besonders häufig tritt ein solches postinfektiöses Reizdarmsyndrom nach Aufenthalten in Südasien auf. Häufigste Auslöser sind Protozoen und Bakterien, Viren spielen eine geringere Rolle. Typische Risikofaktoren sind weibliches Geschlecht, Einnahme von Antibiotika, Magenkrämpfe und Durchfall während der Reise sowie verschiedene psychologische Faktoren. Verblüffenderweise erhöht auch eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise das Risiko für ein postinfektiöses Reizdarmsyndrom.
Vorbeugen lässt sich, indem man die Durchfälle durch Einhalten der gängigen Regeln verhindert. Impfungen bringen nichts, auch Probiotika bleiben ohne signifikante Effekte, so die Ergebnisse zweier Metaanalysen zum Thema.
Kommt es zur Reisediarrhö, ist die antiinfektive Therapie mit einer Einzeldosis Azithromycin, Rifaximin oder Levofloxacin angezeigt, ergänzt um Loperamid. „Je früher das passiert, desto besser“, merkte Prof. Steffen an. Die Diversität des Mikrobioms bleibt von dieser einmaligen Dosis unbeeinträchtigt, Resistenzen sind nicht zu befürchten.
In einigen Weltregionen scheint die Inzidenz des Reisedurchfalls zu sinken, berichtete der Referent. Das sei etwa beim Hadsch nach Mekka der Fall, bei dem mittlerweile große Anstrengungen unternommen würden, Wasserqualität und Lebensmittelhygiene zu verbessern. Auch in Ländern mit einem steigenden oder hohen Bruttosozialprodukt wie dem Oman gehen die Fallzahlen seit einiger Zeit zurück.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht