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Thymus Entfernung der Drüse hat schwerwiegende Folgen

Autor: Alexandra Simbrich

So ganz ohne Funktion ist die Thymusdrüse im Erwachsenenalter wohl doch nicht - sie scheint z.B. die Lymphozyten-Bildung sowie inflammatorische Prozesse zu beeinflussen. So ganz ohne Funktion ist die Thymusdrüse im Erwachsenenalter wohl doch nicht - sie scheint z.B. die Lymphozyten-Bildung sowie inflammatorische Prozesse zu beeinflussen. © CLIPAREA.com – stock.adobe.com
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Im Altertum galt sie als Sitz der Seele, nach heutigem Stand der Wissenschaft erfüllt sie bei Erwachsenen gar keine Funktion: die Thymusdrüse. Zwar spielt sie in der Kindheit eine wichtige Rolle für das Immunsystem, mit dem Alter bildet sie sich aber zurück.

Deshalb wird sie bei Erkrankungen wie einem Thymom oder der My­asthenia gravis routinemäßig entfernt. Doch überflüssig ist das Organ auch bei Erwachsenen keineswegs, meinen nun Forscher der Harvard University.

Das Team um Dr. ­Kameron ­Kooshesh untersuchte, ob eine Thymektomie tatsächlich folgenlos bleibt. Dafür verglichen sie das Risiko für Krebs, Autoimmunerkrankungen und Tod bei 1.146 Personen, denen der Thymus operativ entfernt worden war, mit 1.146 gematchten Kontrollpersonen. Diese hatten sich einer Herz-OP ohne Thymektomie unterzogen.

Eine Entfernung des Thymus hatte gesundheitliche Folgen: Innerhalb von fünf Jahren nach dem Eingriff waren in der Thymektomiegruppe 8,1 %, unter den Herzpatienten dagegen 2,8 % der Personen verstorben – das entspricht einem 2,9-fachen Sterberisiko. An Krebs erkrankten 7,4 % der Personen ohne Thymus und damit doppelt so viele wie in der Kontrollgruppe (3,7 %). In der Gesamtkohorte fanden die Autoren keinen Unterschied für das Risiko einer Autoimmunerkrankung zwischen den beiden Gruppen (RR 1,1). Nachdem sie Personen, die vor der OP eine Infektion, Krebs oder eine Autoimmunerkrankung hatten, von der Analyse ausgeschlossen hatten, zeigte sich jedoch ein um 50 % erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen in der Thymektomiegruppe.

Während einer Nachbeobachtungszeit von mehr als fünf Jahren war die Gesamtsterblichkeit in der Thymektomiegruppe höher als in der US-amerikanischen Allgemeinbevölkerung (9,0 % vs. 5,2 %). Auch die krebsbedingte Sterblichkeit war erhöht (2,3 % vs. 1,5 %).

Weniger Lymphozyten, erhöhte Entzündungswerte

Die Studienautoren maßen auch die T-Zell-Produktion und die Plasmazytokinwerte bei 22 Personen der Thymektomie- und 19 der Kontrollgruppe: Patienten ohne Thymus produzierten weniger neue CD4+ und CD8+ Lymphozyten. Zudem wiesen sie höhere Werte proinflammatorischer Zytokine im Blut auf. Die Ergebnisse sprechen laut den Autoren dafür, dass der Thymus auch bei Erwachsenen für die Produktion neuer T-Zellen und die Gesund­erhaltung wichtig ist. Seine Erhaltung sollte daher Priorität ­haben.

Quelle: 1. Kooshesh KA et al. N Engl J Med 2023; 389: 406-417; DOI: 10.1056/NEJMoa2302892
2. Taylor N. N Engl J Med 2023; 389: 470-471; DOI: 10.1056/NEJMe2306576