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Nach dem Krebs Funktionale Gesundheit im Fokus

DKK 2024 Autor: Friederike Klein

Für die Versorgung Langzeitüberlebender eignen sich u.a. auch elektronische Helfer. Für die Versorgung Langzeitüberlebender eignen sich u.a. auch elektronische Helfer. © Berit Kessler – stock.adobe.com
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Um die Bedürfnisse von Langzeitüberlebenden einer Tumorerkrankung zu erfassen, eignet sich das Konzept der funktionalen Gesundheit. Ein elektronisches Screeningprogramm hilft dabei, psychosoziale Belastungen zu erkennen, eine App stärkt das Selbstmanagement.

Krebserkrankung und -behandlung haben bei Langzeitüberlebenden vielfältige Folgen. Das ist besonders augenfällig in der Gruppe der Überlebenden von Tumoren im Kindes- und Jugendalter. Neben psychischen Belastungen und psychosozialen Folgen von Krebs und Therapie treten auch Erkrankungen aller denkbaren Organsysteme häufiger auf als bei Gleichaltrigen. Warum einige Patient:innen gesund werden und andere krank oder eingeschränkt bleiben, ist kaum verstanden, berichtete Prof. Dr. ­Anja ­Mehnert-Theuerkauf, Universitätsklinikum Leipzig.1 Am gesünderen Lebensstil liegt es wahrscheinlich nicht.

Das Konstrukt der Lebensqualität lasse nur bedingt Rückschlüsse auf die Situation und Bedürfnisse der Langzeitüberlebenden nach Krebs zu, sagte Prof. ­Mehnert-Theuerkauf. Besser eigne sich das Konzept der funktionalen Gesundheit. Es umfasst die intrinsische Kapazität und biologische Gesundheit ebenso wie die Ausführung von Aktivitäten – sei es die soziale Teilhabe und Interaktion mit der sozialen Umwelt oder Arbeit und Mobilität. Am Ende zählt, wie jeder Einzelne mit den Einschränkungen der funktionalen Gesundheit klar kommt. 

Survivorship: Die Mühlen mahlen langsam 

2018 wurde im Rahmen des Nationalen Krebsplans eine Arbeitsgruppe „Langzeitüberleben nach Krebs“ (AG LONKO) eingerichtet. 2021 legte die AG LONKO zwei Empfehlungspapiere zur Forschung in diesem Bereich vor, eines zu Datenerhebung und Datenanalyse und eines zu bedarfsgerechten Versorgungsmodellen. Im Oktober 2021 gab es eine erste Förderbekanntmachung des Bundesgesundheitsministeriums unter Berücksichtigung der oben genannten Expert:innen-Empfehlungen zu Forschungsprojekten im Bereich „Langzeitüberleben nach Krebs“. Bislang wird online ein einziges Projekt in diesem Förderschwerpunkt aufgeführt, das sich „Optimales Langzeitüberleben nach Krebs“ (OPTILATER) nennt.

Im Hinblick auf psychische und psychosoziale Konsequenzen für Langzeitüberlebende nach Krebs können elektronische Helfer eingesetzt werden. Das elektronische adaptive psychoonkologische Screeningprogramm EPAS prüft psychosoziale Belastungen und gibt sofort ein Feedback an die Patient:innen im Sinne eines Empowerments. In einer Cluster-Interventionsstudie verbesserte sich so die Kenntnis über vorhandene psychosoziale Dienste, die Inanspruchnahme dieser Dienste wurde höher und die Betroffenen bewerteten den Zugang zu den Diensten besser.2 Die App Mika bietet eine personalisierte psychosoziale Unterstützung zur Stärkung des Selbstmanagements von Menschen mit Krebs. Nach einer randomisiert kontrollierten Studie verringert die App Stress, Depression, Angst und Fatigue. 

Beide Anwendungen wurden allerdings bei Krebserkrankten nach der Diagnose und während der Therapie untersucht, nicht in der Gruppe der Langzeitüberlebenden. Für sie bleiben sehr viele Fragen offen: Es sind beispielsweise weder Risikofaktoren für die Entwicklung neuer Erkrankungen und ihre Chronifizierung geklärt, noch welche Resilienzfaktoren es gibt. Auch unklar: Wie die konkreten Versorgungsbedarfe der Langzeitüberlebenden überhaupt aussehen.

Quelle: Kongressbericht 36. Deutscher Krebskongress

1. Mehnert-Theuerkauf A. DKK 2024; Vortrag „Biopsychosoziale Krankheitsfolgen und Versorgungsbedarfe von Langzeitüberlebenden“
2. Esser P et al. J Cancer Surviv 2022; 16: 1401–1413; DOI: 10.1007/s11764-021-01121-8