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Cholezystektomie Gallenstein auf Abwegen

Autor: Alexandra Simbrich

Geht ein Stein bei der Laparoskopie verschütt, sollte man ihn sofort suchen. Geht ein Stein bei der Laparoskopie verschütt, sollte man ihn sofort suchen. © PIC4U – stock.adobe.com; Issara - stock.adobe.com
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Bei unspezifischen Symptomen und sich verschlechterndem Allgemeinzustand lohnt manchmal der Blick weit zurück in die Krankenakte. Denn Ursache der aktuellen Malaise können Eingriffe sein, die längst Geschichte sind – beispielsweise eine Cholezystektomie.

Gallensteine, die während einer Cholezystektomie intraperitoneal abhanden kommen, machen postoperativ meist keine Probleme. In seltenen Fällen kann es jedoch noch Jahre später zu Komplikationen kommen. Diese gehen klassischerweise mit Entzündungen im Bereich von Abdomen, Lunge, Harntrakt etc. einher, berichten Dr. Dikyi Ponse und Kollegen vom Kantonsspital Graubünden. Bei älteren Patienten sind die Symptome jedoch häufig unspezifisch und werden von allgemeiner Gebrechlichkeit überlagert. Wie langwierig die Diagnose dann sein kann, zeigt der Fall eines 88-Jährigen.

Der Mann kam mit einer subfebrilen Körpertemperatur von 37,9 °C und in reduziertem Allgemeinzustand in die medizinische Notaufnahme. Er berichtete von rezidivierendem Fieber, Schwäche und Übelkeit ohne Erbrechen. Aufgrund derselben Beschwerden hatte man ihn bereits vier Monate zuvor stationär aufgenommen und empirisch mit Antibiotika behandelt. In der Zwischenzeit war er im Rahmen eines hypo- bzw. hyperaktiven Delirs einige Male gestürzt und hatte sich dabei eine pertrochantäre Femurfraktur zugezogen.

Nun war die unspezifische Symptomatik progredient, in den vergangenen 14 Tagen hatte er 8 kg Gewicht verloren. Laborchemisch fand sich eine deutliche Erhöhung der Leukozyten (18 × 109/l) und des C-reaktiven Proteins (267 mg/l) bei unauffälligen sonstigen Werten. Anamnestisch gab der Patient ein in Remission befindliches Prostatakarzinom sowie eine laparoskopische Cholezystektomie zu Protokoll – beides vor elf Jahren.

Die CT des Abdomens brachte die Ärzte schließlich weiter. So zeigte sich in der Bildgebung ein großer Abszess mit einer Gesamtausdehnung von 6,6 × 10,4 × 17,8 cm. Er erstreckte sich vom Leberunterrand bis zum subkutanen Fettgewebe nahe der Lendenwirbelsäule und infiltrierte die seitliche Abdominalmuskulatur. Gebildet hatte sich der Abszess offenbar aus einer kleineren, teils verkalkten Läsion am Unterrand des rechten Leberlappens. Diese war laut Krankenakte bereits kurz nach der elf Jahre zurückliegenden Cholezystektomie bei anderweitigen Untersuchungen aufgefallen und hatte sich über die Zeit anscheinend vergrößert. Als Ursache vermuteten die Ärzte einen bei der Entfernung der Galle verlorengegangenen Stein.

Ein Gallenstein war nicht mehr auffindbar

Ihre Annahme wurde untermauert durch einen elf Jahre alten CT-Bericht. Darin wurde ein Gallenstein erwähnt und dessen Entfernung explizit empfohlen.

Die Ärzte räumten den Abszess operativ aus, fanden allerdings keinen Stein. Sie legten eine Drainage und leiteten eine fünfwöchige Antibiotikabehandlung in die Wege. Unter diesen Maßnahmen erholte sich der Patient, er war bei der Kontrolle vier Wochen nach Entlassung infektfrei und kam insgesamt wieder deutlich besser zurecht.

Wäre der Gallenstein direkt im Rahmen der Cholezystektomie entfernt worden, hätte man dem Patienten Jahre später die erhöhte Morbidität und das Letalitätsrisiko vermutlich ersparen können, schreiben Dr. Ponse und Kollegen. Sie empfehlen daher, während der Gallenblasen-OP sorgsam darauf zu achten, dass keine Steine verloren gehen, bzw., sollte es doch dazu kommen, diese direkt zu bergen.

Quelle: Ponse DJ et al. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 40-43; DOI: 10.1055/a-1961-3597