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Pulmonale arterielle Hypertonie Hohe Überlebensraten bei gut kontrollierter Erkrankung

ERS 2023 Autor: Manuela Arand

In einer aktuellen Studie endeten acht von 25 Schwangerschaften mit dem Tod des Ungeborenen. In einer aktuellen Studie endeten acht von 25 Schwangerschaften mit dem Tod des Ungeborenen. © Marion Hassold – stock.adobe.com
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Eine pulmonale arterielle Hypertonie ist heute kein absolutes Ausschlusskriterium für eine Schwangerschaft mehr. Trotzdem ist Vorsicht geboten, zumal etliche Fragen z.B. zur PAH-Therapie und Entbindungsmethode offen sind.

Viele hämodynamische Veränderungen, die als Kennzeichen der pulmonalen Hypertonie gelten, treten während der Schwangerschaft physiologisch auf, erinnerte Prof. Dr. Silvia Ulrich, Universität Zürich. Zu nennen sind u.a. der Anstieg vom Plasmavolumen um bis zu 50 %, von Herzfrequenz, Schlagvolumen und Cardiac Output um 15–30 % sowie die Abnahme von systemischem und pulmonalem Gefäßwiderstand. Begleitend steigen myokardialer Sauerstoffverbrauch und Koagulationsbereitschaft des Blutes.

Hinzu kommt, dass Red Flags, die bei der körper­lichen Untersuchung nicht schwangerer Frauen auf eine Dekompensa­tion von Herzinsuffi­zienz oder pulmonalen Gefäßerkrankungen hin­deuten, in der Gravidität normal sind: zum Beispiel systolische Herzgeräusche, Knöchelödeme oder ein erhöhter Jugularvenendruck. Außerdem finden sich multiple Veränderungen im Herz­echo, die die Herzfunktion aber nicht beeinträchtigen. Dies alles erschwert es bei schwangeren Frauen abzugrenzen, welche Veränderungen noch normal und welche als Gefahrensignal anzusehen sind. Dies gilt ganz besonders bei denjenigen mit pulmonalvaskulären Vorerkrankungen.

Isoliertes Auftreten oder im Zuge von Komorbiditäten

Eine PAH kann sich auch erstmals während der Schwangerschaft mani­festieren. Es ist wichtig, dies zu erkennen, betonte Prof. Ulrich. In einer Analyse US-amerikanischer Registerdaten zeigte sich, dass die PAH in mehr als der Hälfte der Fälle isoliert auftrat.1 Bei den übrigen Betroffenen lagen in wechselnden Kombinationen Vorerkrankungen wie Klappenvitien, Kardiomyo­pathie oder kongenitale Schäden vor. Patien­tinnen mit multiplen Vorschäden waren naturgemäß besonders gefährdet, schwere kardiovaskuläre Komplikationen (MACE) zu entwickeln. Aber auch von den Frauen mit isolierter pulmonaler Hypertonie erlitt jede fünfte eine MACE.

Besonders gefährlich scheint eine PAH zu sein, die unmittelbar nach der Entbindung auftritt und/oder als sekundäre PH etwa infolge einer Sklerodermie, CTEPH oder der Einnahme von Appetitzüglern entsteht. In einer älteren Studie starb die Hälfte der betroffenen Frauen innerhalb einer Woche.2

Die Chancen für Mutter und Kind, die Schwangerschaft bei PAH unbeschadet zu überleben, haben sich in den letzten Jahren verbessert, auch wegen des Fortschritts in multi­disziplinärem Management und Pharmakotherapie. Neue Studien weisen hohe Überlebensraten bei medikamentös gut kontrollierter PAH aus, insbesondere bei Frauen mit anhaltender Response auf Kalziumantagonisten.3, 4 Die neuesten Daten der Medizinischen Hochschule Hannover lassen ebenfalls hoffen.5 Die Mortalität bei 13 Müttern und ihren 18 Kindern war Null, allerdings verliefen 8 von insgesamt 25 Schwangerschaften abortiv. „Schwangerschaft bei PAH bleibt riskant, aber bei gut kontrollierter PAH und mit Begleitung durch ein erfahrenes Team lassen sich gute Ergebnisse erreichen“, resümierte Prof. Ulrich.

Die Autoren der aktuellen europäischen Leitlinie zur pulmonalen Hypertonie äußern sich nicht mehr ganz so strikt gegen Schwangerschaften bei PAH wie in der vorherigen Version. Sie empfehlen aber unter Verweis auf das weiterhin hohe Risiko und die eingeschränkten Erkenntnisse immer noch, Frauen in aller Regel davon abzuraten.6 Eine Ausnahme kann allenfalls bei milder PAH mit niedrigem Risiko gemacht werden. Dann ist aber darauf zu achten, dass die Patientin weder einen Endothelin-Rezeptorantagonisten noch Riociguat nimmt, weil beide im Verdacht stehen, teratogen zu wirken. Prostazykline erweisen sich als hilfreich, um die Hämodynamik zu stabilisieren, werden in Zürich aber nicht routinemäßig verabreicht. Eine engmaschige multidisziplinäre Betreuung im Zentrum alle vier bis acht Wochen ist unerlässlich, wobei ein routinemäßiger Rechtsherzkatheter wahrscheinlich verzichtbar ist.

Es bleiben noch viele Wissens­lücken zu schließen, konstatierte Prof. Ulrich. Den meisten Patientinnen mit pulmonaler arterieller Hypertonie  werde man weiterhin von einer Schwangerschaft ab­raten. Doch es müsse geklärt werden, welche Frauen gefahrlos schwanger werden können. Auch wisse man derzeit u.a. noch nicht, welche PAH-Therapie während der Schwangerschaft am besten funktioniere, welche Entbindungsmethode im Einzelfall angezeigt sei und wie eine optimale Betreuung vor und nach der Entbindung aus­sehe.

Quelle: ERS* International Congress 2023

*    European Respiratory ­Society

1.    Thomas E et al. J Am Heart Assoc 2017; 6: e006144; DOI: 10.1161/JAHA.117.006144
2.    Weiss BM et al. J Am Coll Cardiol 1998; 31: 1650-1657; DOI: 10.1016/s0735-1097(98)00162-4
3.    Kiely DG et al. BJOG 2010; 117: 565-574; DOI: 10.1111/j.1471-0528.2009.02492.x
4.    Jaïs X et al. Eur Respir J 2012; 40: 881-885; DOI: 10.1183/09031936.00141211
5.    Kamp JC et al. J Heart Lung Transplant 2021; 40: 229-233; DOI: 10.1016/j.healun.2020.12.002
6.    Humbert M et al. Eur Respir J 2023; 61: 2200879; DOI: 10.1183/13993003.00879-2022