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Meningitis Im Wandel der Zeiten

Autor: Dr. Andrea Wülker

Mit Einführung der Impfungen weisen die Meningitispatienten mehr Vorerkrankungen auf, es werden auch andere Erreger beobachtet. Dies unterstreicht die Bedeutung der korrekten Diagnose für die Therapie bakterieller Meningitiden. Mit Einführung der Impfungen weisen die Meningitispatienten mehr Vorerkrankungen auf, es werden auch andere Erreger beobachtet. Dies unterstreicht die Bedeutung der korrekten Diagnose für die Therapie bakterieller Meningitiden. © iStock/Hailshadow
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Einer bakteriellen Hirnhautentzündung lässt sich mit einer Reihe von Vakzinen vorbeugen. Eine Beobachtungsstudie zeigt, wie die entsprechenden Impfprogramme das Krankheitsgeschehen innerhalb von 50 Jahren in einem Land verändern können.

Um weiterhin Therapien und effektive präventive Strategien gegen die bakterielle Meningitis entwickeln zu können, müssen Ätiologie, Risikofaktoren und die Dynamik der Infektionserkrankung über einen längeren Zeitraum bekannt sein. Eine entsprechende Grundlage schuf nun eine Arbeitsgruppe um Nils Block vom Department of Microbiology, Tumor and Cell biology am Karolinska-Institut in Stockholm anhand von Registerdaten, die fast sechzig Jahre zurückreichen. Die Wissenschaftler werteten dafür Aufzeichnungen zu 10.339 Patienten aus, die zwischen 1964 und 2014 an bakterieller Hirnhautentzündung erkrankt und in Schweden behandelt worden waren.

Pneumokokken kommen am häufigsten vor

Während des 50-jährigen Studienzeitraums sank die Inzidenz der bakteriellen Meningitis bei Kindern unter fünf Jahren, nicht jedoch bei den Erwachsenen. Meist handelte es sich um ambulant erworbene Infektionen. Als häufigste Erreger insgesamt identifizierte man Pneumokokken (34 %), gefolgt von Haemophilus influenzae (26 %) und Meningokokken (18 %). 20 % aller Betroffenen hatten Vorerkrankungen.

Im Jahr 1993 wurde in Schweden der Impfstoff gegen Haemophilus influenzae Typ b (Hib) in den Impfplan für Kinder aufgenommen, berichten die Wissenschaftler. In der Folge ging die Inzidenz der bakteriellen Meningitis um 36 % zurück. Nachdem die Pneumokokken-Konjugatvakzine 2009 landesweit eingeführt worden war, sank die Inzidenz der Pneumokokkenmeningitis bei zuvor gesunden Kindern um 64 %, die 30-Tage-Mortalität ging sogar um 100 % zurück.

Bei ungeimpften Erwachsenen hingegen blieb die Neuerkrankungsrate nach Einführung der Pneumokokken-Konjugatvakzine unverändert. Als naheliegenden Grund nehmen die Wissenschaftler an, dass die geimpften Kinder zu Trägern für Pneumokokken wurden, die nicht von den Vakzinen abgedeckt waren. Diese Stämme konnten sich dann auf die ungeschützten Erwachsenen ausbreiten.

Die Autoren zeigten in ihrer Arbeit weiterhin, dass die Inzidenz der Meningokokkenmeningitis seit Mitte der 1970er-Jahre insbesondere bei unter Fünfjährigen zurückging, auch ohne allgemeine Meningokokkenimpfung. Ein ähnlicher Trend wurde in anderen europäischen Ländern, z.B. Finnland, beobachtet.

Darüber hinaus fiel auf, dass mit Einführung der Impfstoffe die Inzidenz der bakteriellen Hirnhautentzündungen bei immunsupprimierten Personen Jahr für Jahr um 3 % anstieg. Die 30-Tage-Mortalität betrug bei Kindern 3 %, bei Erwachsenen 14 %. 44 % der Erkrankten trugen gravierende Folgen davon.

Noch mehr Sorgfalt bei der Diagnose nötig

Mit Einführung der Impfungen weisen die Meningitispatienten mehr Vorerkrankungen auf, es werden auch andere Erreger beobachtet. Dies, so machen die Autoren deutlich, unterstreicht die Bedeutung der korrekten Diagnose für die Therapie bakterieller Meningitiden.

Quelle: Block N et al. J Intern Med 2022; DOI: 10.1111/joim.13488