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Schockrefraktäres Kammerflimmern Intensivere Defibrillation steigert Outcome

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Aktuell bleibt die Schockabgabe auf offener Straße häufig erfolglos. Aktuell bleibt die Schockabgabe auf offener Straße häufig erfolglos. © pixelaway – stock.adobe.com
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Etwa die Hälfte der Patienten mit Herzstillstand außerhalb der Klinik bleibt trotz mehrerer Defibrillations­versuche in einem schockrefraktären Kammerflimmern. Können neue Techniken daran etwas ändern?

Um das häufig unbefriedigende Outcome der Defibrillation zu verbessern, wurden verschiedene Strategien vorgeschlagen. Eine davon ist die doppelsequenzielle externe Defibrillation (DSED), bei der Schocks von zwei Defibrillatoren in weniger als einer Sekunde Abstand in zwei verschiedenen Ebenen (anterior-lateral und anterior-posterior) abgegeben werden. Bei der einfacheren Vector-Change-Defibrillation (VCD) versetzt man die Pads von der anterior-lateralen Standardposition in eine anterior-posteriore. 

Studie mit mehr als 400 erwachsenen Patienten

In einer Cluster-randomisierten Cross-over-Studie hat eine Arbeitsgruppe um Dr. Sheldon Cheskes, Universität Toronto, das Outcome von DSED, VCD und Standarddefibrillation miteinander verglichen. Eingeschlossen wurden 405 Erwachsene mit refraktärem Kammerflimmern. Alle erhielten zunächst drei Standardschocks und wurden – sofern das Kammerflimmern anhielt – in drei Gruppen randomisiert. Bei einem Drittel setzte man die Standarddefibrillation fort, die übrigen erhielten eine der beiden erweiterten Verfahren (35,6 % VCD, 30,9 % DSED). Bezüglich der Zeit bis zur ersten Defibrillation außerhalb des Krankenhauses und sonstigen Wiederbelebungsmaßnahmen unterschieden sich die drei Gruppen nicht. Auch in Zeit und Zahl der applizierten Schocks bis zum ersten Wiedereinsetzen der Spontanzirkulation gab es keine Unterschiede.

Erweiterte Verfahren effektiver als Standard

Sowohl mit der doppelsequenziellen externen Defibrillation als auch mit der Vector-Change-Defibrillation überlebten signifikant mehr Patienten als mit der Standarddefibrillation bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus (30,4 % bzw. 21,7 % vs. 13,3 %). Das Kammerflimmern konnte bei 84 % der Patienten in der DSED-Gruppe, 79,9 % in der VCD-Gruppe und 67,6 % in der Standardgruppe terminiert werden. Beide erweiterten Verfahren waren damit signifikant erfolgreicher als die Standarddefibrillation. Der Spontankreislauf kehrte bei 46,4 %, 35,4 % vs. 26,5 % zurück, signifikant effektiver als die Standarddefibrillation war dabei nur die DSED. Nur diese war auch mit einem deutlich höheren Anteil von Patienten mit gutem neurologischem Outcome assoziiert: 27,4 % bzw. 16,2 % vs. 11,2 %. 

Auch wenn die Ergebnisse dieser Studie ermutigend sind, gibt es doch Einschränkungen, merken Dr. Comilla Sasson und Dr. Jason Haukoos, University of Colorado, Denver, in ihrem Editorial an. Zwar habe die DSED scheinbar etwas besser abgeschnitten als die VCD. Um Unterschiede zwischen den beiden weiterentwickelten Methoden abzusichern, fehle es der Studie jedoch an statistischer Power. Bevor diese Verfahren im Alltag implementiert werden können, müssten belastbarere Daten erhoben werden. Außerdem brauche man noch Details zum weiteren Outcome nach der Wiederbelebung. Vorerst, so die Meinung der Kommentatoren, kommen DSED und VCD weiterhin nur in Betracht, wenn alle anderen Optionen erschöpft sind.

Quelle: 1. Cheskes C et al. N Engl J Med 2022; 387: 1947-1956; DOI: 10.1056/NEJMoa2207304
2. Sasson C, Haukoos J. N Engl J Med 2022 ; 387: 1995-1996; DOI: 10.1056/NEJMe2213562