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Herzstillstand ohne ST-Hebung Ist der Notfalltransport zum spezialisierten Zentrum verzichtbar?

Autor: Dr. Susanne Meinrenken

Ist der Notfalltransport zum spezialisierten Zentrum verzichtbar? Ist der Notfalltransport zum spezialisierten Zentrum verzichtbar? © Gorodenkoff - stock.adobe.com
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Reanimierte Patienten nach Herzstillstand ohne ST-Hebung müssen nicht zwingend in eine Spezialklinik transportiert werden. Zumindest im Großraum London ist das Überleben in konventionellen Krankenhäusern nicht schlechter.

Das Outcome nach einer erfolgreichen Reanimation aufgrund eines Herzstillstandes außerhalb der Klinik ist regional sehr unterschiedlich. Ursachen hierfür sind neben Patientencharakteristika auch personelle und medizinische Ressourcen oder die verfügbare Infrastruktur. Mit dem Ziel, die Überlebenschancen nach einem solchen Ereignis zu erhöhen, wurden spezialisierte Zentren eingerichtet, die viel Expertise sowie frühzeitige Interventionsmöglichkeiten bieten. Wie sich in Beobachtungsstudien allerdings herausstellte, führt die Einweisung von Patienten mit Herzstillstand in spezialisierte Kliniken nicht eindeutig zu einer geringeren Letalität. Bieten spezialisierte Zentren in dieser Situation möglicherweise doch nicht so große Vorteile?

Tatsächlich spielte es in einer aktuellen randomisierten Studie für die Sterblichkeit keine Rolle, ob ein Patient mit einem Herzstillstand ohne ST-Strecken-Hebung außerhalb der Klinik nach erfolgreicher Reanimation in einer Klinik der Grundversorgung weiterbehandelt wurde oder in einem auf Herzstillstand spezialisierten Haus. Ärzte um Prof. Dr. ­Tiffany ­Patterson aus London hatten in ihrer prospektiven, multizentrischen Studie zwischen 2018 und 2022 jeweils 431 Patienten mit wiedererlangter Spontanzirkulation entweder einem spezialisierten Zentrum oder der nächstgelegenen Klinik der allgemeinen Notfallversorgung randomisiert zugewiesen. Schließlich ließen sich die Daten von 822 Patienten, überwiegend Männer, in einem Durchschnittsalter von rund 64 Jahren und ähnlich verteilten Vorerkrankungen auswerten. Auch die Maßnahmen im Rahmen der Reanimation waren in beiden Gruppen ähnlich erfolgt. Mit 77 Minuten kamen die Patienten in den Kliniken der Grundversorgung im Mittel aber etwas früher an als diejenigen, die in Spezialkliniken transportiert wurden (84 Minuten). Innerhalb von 30 Tagen nach dem Ereignis starben in jeder Gruppe 63 %; das Ausmaß neurologischer Beeinträchtigungen zum Zeitpunkt der Entlassung unterschied sich nicht, unerwünschte Wirkungen traten ähnlich häufig auf. Ein Unterschied zeigte sich in der Subgruppenanalyse: Patienten unter 57 Jahren, die in Spezialzentren versorgt worden waren, wiesen einen Monat nach dem Ereignis eine etwas geringere Gesamtmortalität auf (RR 0,76).

Diese große randomisierte Studie spricht nicht dafür, alle Patienten nach Herzstillstand ohne ST-Strecken-Hebung in ein spezialisiertes Zentrum zu transportieren. Einen Vorteil von einer speziellen Versorgung haben aber möglicherweise Patienten unter 57 Jahren, so die Autoren. Zumindest gelten diese Empfehlungen für eine klinische Versorgungsstruktur, wie sie im Großraum von London anzutreffen ist.

Quelle: Patterson T et al. Lancet 2023; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)01351-X