Anzeige

Nervus saphenus Kollateralschaden auf dem OP-Tisch

Autor: Dr. Judith Lorenz

Knieschmerzen durch Kompression des N. saphenus lassen sich durch das Hoffmann-Tinel-Zeichen diagnostizieren. Knieschmerzen durch Kompression des N. saphenus lassen sich durch das Hoffmann-Tinel-Zeichen diagnostizieren. © wavebreak3 – stock.adobe.com
Anzeige

Die hohe Zahl an Knie- und Krampfaderoperationen bringt Gefahren für die Nerven mit sich. So beobachtet man gehäuft Kompressionssyndrome des N. saphenus und seines Seitenastes. 

Der N. saphenus, der sensible Endast des N. femoralis, zweigt unterhalb der Leistenbeuge vom Hauptstamm dieses Nervs ab, verläuft im Adduktorenkanal nach medial und verlässt diesen proximal des medialen Epikondylus femoris. Er passiert das Knie und innerviert schließlich die Unterschenkelinnenseite und den medialen Fußrand. Ursprung und Verlauf des R. infrapatellaris, eines Seitenastes, der meist aus dem N. saphenus entspringt, sind dagegen deutlich variabler. Er innerviert die Vorder- und Innenseite des Knies. Eine Schädigung dieses Nervenastes äußert sich neben sensiblen Ausfällen im Versorgungsgebiet unter anderem durch intermittierende Knieschmerzen. Sie bewirken oft ein Einknicken im Gelenk, was eine Meniskusproblematik vortäuschen kann, erklärt Dr. Heinrich Binsfeld, Facharzt für Spezielle Schmerztherapie aus Drensteinfurt. 

Kompressionssyndrome des N. saphenus sind eher selten, eher gerät der R. infrapatellaris unter Druck. Zu den häufigen Auslösern gehören Knie- oder Varizenoperationen. Und die haben in Deutschland hohe Zahlen erreicht. So werden beispielsweise hierzulande pro Jahr etwa 100.000 Arthroskopien durchgeführt und 130 Knieprothesen pro 100.000 Einwohner implantiert. Aber auch Sprunggelenkfrakturen und selbst ein Bluterguss können die sensiblen Nerven in Mitleidenschaft ziehen. Meist klingen die Beschwerden einige Wochen nach der Schädigung spontan ab. 

Mit einigen Untersuchungen lässt sich die Kompression des N. saphenus bestätigen. So fällt das Hoffmann-Tinel-Zeichen positiv aus, das heißt, auf Höhe der Schädigung ist der Nerv druckdolent, erläutert der Experte. Ergänzend bietet sich die sensible Neurografie an, bei welcher der Nerv am Unterschenkel stimuliert wird. Die Nervenaktionspotenziale leitet man dann mit Oberflächenelektroden am ventralen Innenknöchel ab. Endgültige Gewissheit bringt die diagnostische Nervenblockade. Mittels lokaler Betäubung werden Nervenäste gezielt – ggfs. unter Ultraschallkontrolle – auf Schmerzleitung überprüft. Lässt sich damit ein schmerzverursachender „Problemnerv“ identifizieren, kann man ihn therapeutisch mit Lokalanästhetika oder Kortikosteroiden infiltrieren oder mittels Radiofrequenztherapie punktgenau thermokoagulieren. Zudem können alle zur Behandlung neuropathischer Schmerzen geeigneten Medikamente wie Kalziumantagonisten, Antiepileptika, Antidepressiva, nicht-steroidale Antirheumatika, Opioide und Topika zum Einsatz kommen. Ultima ratio ist die operative Freilegung und Verlagerung des Nervs.

Quelle: Binsfeld H. Schmerzmed 2023; 39: 34-37; DOI: 10.1007/s00940-023-4116-2