Rückenmarksimplantat aus dem Labor Künstliches Rückenmark soll Lähmung heilen

Autor: Annette Kanis

Neuronen können sich nicht regenerieren. Deshalb versucht man es mit Stammzellen. Neuronen können sich nicht regenerieren. Deshalb versucht man es mit Stammzellen. © Sebastian Kaulitzki – stock.adobe.com

Wissenschaftler wollen erstmals künstliches Rückenmark aus körpereigenen Zellen in eine gelähmte Person transplantieren. Die Technologie verspricht, Querschnittsgelähmten durch ein neuronales Implantat neue Beweglichkeit zu ermöglichen.

Es könnte ein medizinischer Durchbruch sein: In Israel soll erstmals gelähmten Patientinnen und Patienten ein im Labor aus körpereigenen Zellen gezüchtetes Rückenmark implantiert werden. Entwickelt wurde die Technologie von einem Team an der Universität Tel Aviv und dem Biotech-Unternehmen Matricelf. Ziel ist es, Menschen, die nach einem Unfall oder Trauma querschnittsgelähmt sind, wieder zum Laufen zu bringen.
Wird das Rückenmark durchtrennt, zum Beispiel durch einen Sturz oder einen Unfall, können sich die Nervenzellen nicht regenerieren. Es bildet sich Narbengewebe, das jede Signalübertragung blockiert. Die Betroffenen bleiben dauerhaft gelähmt – bislang ohne Chance auf Heilung.

Hier setzt die neue Methode an. Aus dem Blut der Betroffenen werden Stammzellen generiert, ihr Fettgewebe dient als Quelle für Bausteine wie Kollagen und Zucker. Diese bilden die Grundlage für ein spezielles Hydrogel, in das die Stammzellen eingebettet werden. Darin entwickeln sie sich zu einem dreidimensionalen Gewebe, ähnlich wie bei der embryonalen Entwicklung des Rückenmarks. Nach etwa einem Monat entsteht so ein Implantat mit neuronalen Netzwerken, die elektrische Signale übertragen können. Das künstliche Rückenmark wird dann anstelle des Narbengewebes in die verletzte Stelle eingesetzt und soll sich mit gesundem Nervengewebe verbinden.

Tierversuche verliefen bislang vielversprechend. Sogar seit Längerem gelähmte Tiere erlangten in über 80 % der Fälle ihre Bewegungsfähigkeit zurück. Diese Ergebnisse überzeugten offenbar das israelische Gesundheitsministerium, das Therapieversuche an acht Betroffenen im Rahmen des Compassionate-Use-Ansatzes genehmigt hat.

„Wir sind von diesem Verfahren sehr überzeugt. Unser Ziel ist es, gelähmten Patienten zu helfen, aus ihren Rollstühlen aufzustehen“, so Prof. Dr. Tal Dvir, der die Methode federführend entwickelt hat. Für den CEO des Biotech-Unternehmens, Gil Hakim, markiert das Projekt den Übergang von der Grundlagenforschung zur klinischen Anwendung. „Wenn diese Therapie erfolgreich ist, hat sie das Potenzial, einen neuen Standard in der Behandlung von Rückenmarksverletzungen zu setzen, die lange als unheilbar galten.“ Die erste Operation ist innerhalb der nächsten zwölf Monate geplant.

Quelle: Pressemitteilung – Universität Tel Aviv