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Rektumkarzinom Dorthin strahlen, wo sonst kein Licht hinkommt

ASCO-GI 2023 Autor: Friederike Klein

Für Patient:innen mit Rektumkarzinom gibt es mit der Therapie Strahlenboost neue Chancen auf den Organerhalt. Für Patient:innen mit Rektumkarzinom gibt es mit der Therapie Strahlenboost neue Chancen auf den Organerhalt. © Tom – stock.adobe.com
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Die OPERA-Studie zielt beim lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinom auf einen Organerhalt ab. Das Besondere im experimentellen Arm ist ein Strahlenboost, der direkt am Tumor appliziert wird.

Die Niedrig-Energie-Kontakt-Brachytherapie (Contact X-ray Brachytherapy, CXB) ermöglicht die Anwendung einer besonders hohen Strahlendosis bei einem insgesamt kleinen Zielvolumen, erläuterte Prof. Dr. Arthur Sun ­Myint vom Clatterbridge Cancer Center und der Universität Liverpool. In der OPERA-Studie erfolgte der CXB-Boost mit 90 Gy in drei Fraktionen über vier Wochen mit einem Bestrahlungsvolumen von weniger als 5 ccm. Das führt zu weniger Kollateralschäden und Nebenwirkungen, meinte der Referent. Der Standardboost mit einer konventionellen externen kurativen Strahlentherapie (external beam radiation therapy, EBRT) im Vergleichsarm erfolgte dagegen mit 9 Gy in fünf Fraktionen und umfasste ein Volumen von 1.000–1.500 ccm. 

Die Boosts wurden zusätzlich zur neoadjuvanten Strahlenchemotherapie* bei Patient:innen mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom eingesetzt. Personen, die eine Komplettremission (cCR) erreichten, wurden im Rahmen der Studie in ein Watch&Wait-Programm überführt. Lag ein Residuum vor oder kam es zum Rezidiv, war eine chirurgische Therapie vorgesehen – ob lokale Resektion oder totale mesorektale Exzision (TME). 

Prof. Myint präsentierte die Ergebnisse nach median 38,2 Monaten. Nach 24 Wochen erreichten 64 % vs. 92 % der Betroffenen im Standard- vs. CXB-Arm eine cCR. Nach mehr als drei Jahren hatten sich 47 % der Teilnehmenden einem chir­urgischen Eingriff unterzogen – in 59 % der Fälle war dieser eine TME, in 41 % eine Lokalresektion –, davon 46 vs. 20 Personen in der Kontroll- vs. Prüfgruppe. Die TME-Rate war nach EBRT-Boost doppelt so hoch wie nach CXB-Boost. Ein Stoma hatten 15 % vs. 10 % der Erkrankten erhalten. 

Nach Tumorgröße stratifiziert

Der CXB-Boost im Prüfarm erfolgte im Fall von Tumoren < 3 cm vor der Radiochemotherapie, bei größeren Geschwulsten dagegen erst danach. Der Applikator der CXB ermögliche nur eine lokale Bestrahlung von 3 cm im Durchmesser, erläuterte Prof. Myint. 

Organerhalt mit CXB-Boost

Die Rate des 3-Jahres-Überlebens mit Organerhalt – primärer Endpunkt der Studie – betrug mit EBRT- vs. CXB-Boost 57 % vs. 79 % (p = 0,0026). Am häufigsten gelang der Organerhalt mit CXB bei Rektumkarzinomen eines Durchmessers von < 3 cm (97 % vs. 63 % ≥ 3 cm).

Die Ergebnisse der OPERA-Studie stützen die Machbarkeit nicht-operativer, organerhaltender Therapiestrategien bei Rektumkarzinomen im Stadium cT2–cT3a–b, resümierte der Experte. Es zeige sich auch, dass dies die Chance auf Heilung nicht beeinträchtigt, wenn doch eine Salvage-Operation notwendig ist. Von besonderem Interesse sei das Vorgehen für Patient:innen, die weder einen chirurgischen Eingriff noch ein Stoma wünschen.

* Radiatio mit 45 Gy in 25 Fraktionen über fünf Wochen plus Capecitabin 825 mg/m²
Quelle:
Myint SM et al. ASCO GI 2023; Abstract 6