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Krebsvorsorge Modellrechnungen demonstrieren Nutzen in unterschiedlichen Screening-Programmen

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Forscher:innen untersuchen, ob die Anwendung von polygenen Risikoscores die Erkennungsrate einer Krebserkrankung verbessern könnte. Forscher:innen untersuchen, ob die Anwendung von polygenen Risikoscores die Erkennungsrate einer Krebserkrankung verbessern könnte. © Kiattisak – stock.adobe.com
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Vorsorgeprogramme haben das Ziel, Krebs bereits im Frühstadium zu erkennen und zu bekämpfen. Forschende haben jetzt untersucht, inwiefern die Anwendung von polygenen Risikoscores die Erkennungsrate verbessern und Überdiagnosen vermeiden könnte.

Im Vereinigten Königreich wird aktuell rund die Hälfte aller Krebserkrankungen im Frühstadium diagnostiziert. Bis 2028 soll die Rate auf mehr als 75 % angehoben werden – so der langfristige Plan des Nationalen Gesundheitsdienstes. Wie in vielen anderen Ländern werden im Vereinigten Königreich Früherkennungsuntersuchungen für Brust-, Gebärmutterhals- und Darmkrebs angeboten. Unterschiede gibt es bei den Altersgruppen, für welche die Untersuchungen angeboten werden, bei der Art der Unter­suchungen und ihrer Häufigkeit. 

Polygene Risikoscores (PRS), welche vor allem auf Einzelnukleo­tid-Polymorphismen (SNP) basieren, könnten dabei helfen, das individuelle Krebsrisiko besser vorherzusagen und so die Gestaltung von Vorsorge­programmen zu optimieren. Eine Forschungsgruppe um Catherine Huntley und Bethany Torr vom Institute of Cancer Research in London ist dieser These nachgegangen. Zu diesem Zweck modellierten die Wissenschaftler:innen die Auswirkungen hypothetischer neuer Programme zur PRS-basierten Früherkennung auf das krebsspezifische Überleben. Grundlage bildeten die altersgeschichteten Krebsinzidenzen aus dem National Cancer ­Registration Dataset (2016–2018).

Acht Krebsarten beispielhaft geprüft

Im ersten Schritt berechneten die Forschenden, welchen Anteil der Fälle von acht häufigen Krebsarten das PRS-definierte Hochrisiko­quintil (20 %) erfasst. Ihren Schätzungen zufolge wären es 37 % bei Brustkrebs, 46 % bei Prostatakrebs, 34 % bei Darmkrebs, 29 % bei Bauchspeicheldrüsenkrebs, 26 % bei Eierstockkrebs, 22 % bei Nierenkrebs, 26 % bei Lungenkrebs und 47 % bei Hodenkrebs. 

Das PRS-definierte Hochrisikoquintil umfasste Personen im Alter von 40 bis 49 Jahren für Brustkrebs, 50 bis 59 Jahren für Darmkrebs und 60 bis 69 Jahren für Prostatakrebs. Würde es künftig in Screening-Programmen berücksichtigt werden, ließen sich jährlich maximal 102, 188 bzw. 158 Todesfälle verhindern. Ein nicht stratifiziertes Screening der Gesamtbevölkerung im Alter von 48 bis 49 Jahren für Brustkrebs, von 58 bis 59 Jahren für Darmkrebs und von 68 bis 69 Jahren für Prostatakrebs würde die gleichen Ressourcen verbrauchen und schätzungsweise maximal 80, 155 bzw. 95 Todesfälle pro Jahr verhindern, schreiben die Autor:innen.

Tatsächlichen Einfluss randomisiert untersuchen

In Realität wären die Zahlen aufgrund einer unvollständigen Inanspruchnahme der Krebsvorsorge, von Intervallkarzinomen und anderen Faktoren jedoch vermutlich etwas geringer. Darüber hinaus geben die Forschenden zu bedenken, dass randomisierte Studien notwendig sind, um den tatsächlichen Einfluss sowie Kosten und mögliche Schäden besser einschätzen zu ­können.

Quelle:
Huntley C et al. Lancet Oncol 2023; 24: 658-668; DOI: 10.1016/S1470-2045(23)00156-0