Gut für Gesundheit und Umwelt Neue Ernährungsempfehlungen basieren auf mathematischer Optimierung
Gemüse ist nicht nur gesundheitsfördernd. Es reduziert auch Treibhausgasemissionen und die Landnutzung.
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Mithilfe eines mathematischen Optimierungsmodells hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung neue Empfehlungen formuliert. Dabei wurde neben gesundheitliche auch auf ökologische Aspekte und eine einfache Umsetzbarkeit geachtet.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) setzt in ihren überarbeiteten Ernährungsempfehlungen für gesunde Erwachsene bis zum Alter von 65 Jahren auf eine pflanzenbasierte Mischkost. Ein mathematisches Optimierungsmodell half dabei, verschiedene Aspekte gleichzeitig zu berücksichtigen. Diese Methode gilt international als „State of the Art“ bei der Entwicklung lebensmittelbezogener Ernährungsempfehlungen. Die Vorschläge sollten sowohl auf die Gesundheit, Umweltverträglichkeit als auch auf eine einfache praktische Umsetzung abzielen.
Analysiert wurden wissenschaftlich fundierte Datenquellen zu Nährstoffen, Gesundheits- und Umweltwirkungen sowie Daten aus systematischen Reviews und Metaanalysen. Ebenso zog man Erkenntnisse aus evidenzbasierten Leitlinien und Positionspapieren heran. Expertinnen und Experten sowie Interessengruppen haben die DGE-Empfehlungen in einem mehrstufigen Entwicklungsprozess evaluiert und formuliert.
Was den gesundheitsfördernden Aspekt angeht, sollten Verzehrgewohnheiten gefunden werden, die folgende Aspekte berücksichtigen:
- eine angemessene Energiezufuhr
- eine ausreichende Nährstoffversorgung anhand der DGE-Referenzwerte
- keine Assoziation zur Entstehung von Krankheiten
Verschiedene Gruppen von Lebensmitteln wurden auf ihre gesundheitlichen Auswirkungen hin untersucht, indem deren individueller Einfluss auf das Risiko nahrungsmittelbedingter Erkrankungen erfasst wurde. Hierzu berücksichtigte man auch Daten zu den disability-adjusted life years (DALYs), mit denen sich die Krankheitslast quantifizieren lässt. Die DGE-Empfehlungen betonen die Wichtigkeit von messbaren Nährstoffzielen (z. B. 30 g Ballaststoffe, ≤ 10 % freier Zucker, mindestens 52 g Protein pro Tag) sowie einer ausreichenden Energieversorgung. Diese bieten eine gute Orientierung und können individuell und flexibel erreicht werden. Eine pflanzenbetonte Mischkost deckt dies optimal ab.
Konsum von Milch und Fleisch sollte reduziert werden
Auch auf Praxisrelevanz und Alltagstauglichkeit wurde geachtet: Der Ernährungskreis „Gut essen und trinken“ formuliert konkrete und realistische Hinweise zur Umsetzung der Empfehlungen. Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkornprodukte sind erstmalig als eigenständige Kernelemente festgelegt. Die Empfehlungen für den Fischkonsum wurden beibehalten, für Eier gilt die übliche Verzehrsmenge. Den Milch- und Fleischkonsum sollte man reduzieren. In Wochenspeiseplänen werden saisonale Unterschiede genauso berücksichtigt wie die Verfügbarkeit und „typisch deutsche Gerichte“. Hierbei schaffen visuelle Hilfen wie der Ernährungskreis noch mehr Alltagstauglichkeit. Um diese Realitätsnähe zu erreichen, hat man die DGE-Empfehlungen mit Daten der Nationalen Verzehrsstudie II abgeglichen und den üblichen Ernährungsgewohnheiten der deutschen Bevölkerung angepasst.
Die Umwelt profitiert hierbei ebenso: Viele Lebensmittelgruppen wie Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sind nämlich sowohl gesundheitsfördernd als auch umweltfreundlich. Durch die Aufwertung pflanzlicher Lebensmittel könnten Treibhausgasemissionen sowie die Landnutzung um ca. die Hälfte reduziert werden – diese Bilanz bestätigt auch das Umweltbundesamt.
Die neuen DGE-Empfehlungen passen zudem zu den Empfehlungen anderer Leitlinien, wie der S3-Adipositas-Leitlinie, der NVL* zur KHK und den europäischen Empfehlungen zur Ernährung bei Diabetes. Der „Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis“ empfiehlt die DGE-Grundkostform als Basis für ernährungstherapeutische Maßnahmen.
Bei Erkrankungen ist Expertenmeinung gefragt
Unstrittig bleibt, dass bei Patientinnen und Patienten mit Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauf- oder sonstigen Erkrankungen eine individuelle Anpassung der Ernährung durch qualifizierte Ernährungsexpertinnen und -experten erfolgen muss. Zur Orientierung dienen die spezifischen Leitlinien der Fachgesellschaften.
Die aktuellen DGE-Empfehlungen verbinden die neuesten Erkenntnisse aus der Ernährungsforschung mit gesundheitlichen Aspekten und ökologischer Nachhaltigkeit – auf Basis eines innovativen mathematischen Modells. Wer sich gesund ernährt, tut auch etwas Gutes für die Umwelt.
* Nationale Versorgungs Leitlinie
Quelle: Watzl B et al. Aktuel Ernahrungsmed 2025; 50: 285-291; doi: 10.1055/a-2640-1098