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Stadium-1-Seminom TRISST über verstaubte adjuvante Biomarker?

ASCO-GU 2024 Autor: Dr. Moyo Grebbin

Neue Risikostratifizierungen beim Stadium-1-Seminom bieten Orientierung. Neue Risikostratifizierungen beim Stadium-1-Seminom bieten Orientierung. © Gorodenkoff – stock.adobe.com
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Die zur Entscheidung für oder gegen eine adjuvante Chemotherapie nach der Hoden-OP verwendeten Marker sind offenbar recht veraltet. Zwei neue Klassifikationen bieten Orientierung.

Nach Entfernung eines Stadium-1-Seminoms reicht bekanntlich meist eine Beobachtung. Annähernd alle der rund 15–20 % mit Rezidiv können durch eine Salvagetherapie geheilt werden. „Adjuvantes Carboplatin kann das Rückfallrisiko verringern – ist aber für den Großteil der Personen klar unnötig. Wenn wir es einsetzen, brauchen wir eine effektive Risikostratifizierung“, so Prof. Dr. ­Robert A. ­Huddart vom Institute of Cancer Research and Royal Marsden NHS Foundation Trust in Sutton. Die derzeit genutzten Biomarker, eine Tumorgröße von mehr als 4 cm und eine Rete-testis-Infiltration (RTI), seien vor rund 20 Jahren vorgeschlagen und seitdem nicht konsequent validiert worden. 

„Im vergangenen Jahr hat eine Gruppe der EAU auf diesem Kongress ein neues Modell vorgestellt. Es unterteilt die Betroffenen in drei Gruppen auf Basis von Tumorgröße, RTI und lymphovaskulärer Invasion (LVI)“, erklärte Prof. ­Huddart. Die Fünf-Jahres-Rückfallrisiken betrugen 8 %, 20 % und 44 %. Rund 56 % der Personen fielen in die niedrigste Kategorie, 41 % in die mittlere und nur 2,3 % in die Hochrisikogruppe. Als einen bedeutenden sekundären Endpunkt der englischen Phase-3-Studie TRISST analysierte das Team um Prof. ­Huddart jetzt auch prognostische Rezidivmarker. Die prospektive Kohorte von 669 Teilnehmenden erhielt keine adjuvante Chemotherapie, sondern wurde nur überwacht. Die Forschenden nutzten die Daten außerdem, um das EAU-Vorhersagemodell zu validieren. 

Primärer Endpunkt 

Hauptgegenstand der Arbeit war es, ein reduziertes Bildgebungsregime (drei vs. sieben Scans) zu untersuchen, sowie die Bildgebungsmodalität (MRI vs. CT) zu vergleichen. Beides war laut den Ergebnissen der Standard-CT-Nachsorge nicht unterlegen.

Drei Risikokategorien

Die Wissenschaftler:innen untersuchten den Einfluss verschiedener Faktoren auf die Zeit bis zu einem Rückfall; darunter das Alter, die Tumormasse bzw. -größe, RTI, T-Stadium, LVI, Lage sowie die Marker LDH und ß-HCG. „Wir fanden heraus, dass eine Tumorgröße von mehr als 4 cm weiterhin als prognostischer Marker Gültigkeit besitzt. Wie auch das T-Stadium. Nicht so jedoch die Rete-testis-Infiltration“, bemerkte Prof. Huddart. Die größten Hazard Ratios ergaben sich beim Vergleich großer und kleiner Tumoren (≥ 4 cm vs. < 2 cm; HR 4,00; 95%-KI 2,00–8,01) und pT3 vs. pT1 (HR 3,89; 95%-KI 1,77–8,57 ). Anhand ihrer Analyse unterteilte das Team um Prof. Huggart die Kohorte in drei Risikokategorien:

  • Niedrig: 20 % der Kohorte; Fünf-Jahres-Rückfallquote von 2,3 %
  • Mittel: 55 % der Teilnehmenden; Rezidivrisiko 12,0 %
  • Hoch: Anteil von 24 %; Rezidivrisiko 22 %

Die niedrigste Risikogruppe zeichnete sich vor allem durch kleine Tumoren, Alter ≥ 30 Jahre und pT1-Status aus; die mit hoher Rückfallgefahr durch große Läsionen und/oder pT3.

Wendeten die Forschenden das EAU-Modell auf die ­TRISST-Daten an, bestätigte das die beschriebenen Kategorien (Harrell’s C-Index 0,62). Einem niedrigen Risiko wurden 66 % zugeordnet, 33 % fielen in die mittlere Gruppe und die Hochrisikokohorte machte 2 % aus. Die Fünf-Jahres-Rezidivraten beliefen sich jeweils auf 10,1 %, 16,1 % und 45,5 %. 

„Das hiermit validierte EAU-Prognosemodell identifiziert eine kleine Gruppe mit besonders hohem Risiko, die von einer adjuvanten Behandlung profitieren könnte“, erklärte Prof. ­Huddart. „Es bleibt aber rund ein Drittel der Betroffenen übrig, die immer noch zu 16–20 % rezidivieren. Damit könnten sich einige unwohl fühlen.“ Das ­TRISST-Vorhersagemodell ordne mit rund einem Viertel der Kohorte mehr Betroffene der Hochrisikogruppe zu. Alle anderen, also 75 %, hätten aber mit höchstens 12 % ein relativ niedriges Rückfallrisiko, betonte der Referent.

Zu bedenken sei, dass Personen, die die behandelnden Onkolog:innen als Hochrisikofälle einstuften, vermutlich nicht in TRISST eingeschlossen wurden, sondern eine adjuvante Behandlung erhielten, merkte der Referent an. Es sei davon auszugehen, dass die tatsächlichen Gruppen größer seien als in diesem Studiensetting. Unter den Teilnehmenden erlitten 12 % ein Rezidiv.

Quelle:
Huddart RA. ASCO Genitourinary Cancers Symposium 2024; Abstract 501