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Tumoren des oberen Gastrointestinaltraktes Neue Technologie liefert 3D-Bilder in wachen Patient:innen

Autor: Lara Sommer

Mittels eines Plastikballs lässt sich die Position der Endomikroskopkapsel während des Eingriffs­ steuern, sodass keine toten Winkel entstehen. Mittels eines Plastikballs lässt sich die Position der Endomikroskopkapsel während des Eingriffs­ steuern, sodass keine toten Winkel entstehen. © Prof. Dr. Guillermo J. Tearney
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Mit der Tethered Capsule Endomicroscopy existiert nun ein kapselbasiertes Verfahren zur Bildgebung im oberen Gastrointestinaltrakt. Dieses erfordert keine Sedierung der Patient:innen und erwies sich in einer Pilot­studie als schneller sowie besser toleriert im Vergleich zur klassischen Endoskopie. Die Endomikroskopie bildet auch tiefere Schichten der Mukosa ab und lässt sich mit einer Biopsie­ kombinieren.

Tumoren des oberen Gastrointestinaltraktes haben noch immer eine schlechte Prognose, erinnerte Prof. Dr. ­Giullermo ­Tearney, Massachusetts General Hospital, Boston. Während Evidenz für den Nutzen einer Früherkennung existiere, spielten Vorsorgeuntersuchungen in diesem Bereich bisher kaum eine Rolle. Eine Endoskopie als heutige Standardprozedur gehe mit Sedierung sowie hohen Kos­ten und Zeitaufwand einher. Sie lasse sich insbesondere in Säuglingen schwierig durchführen. Außerdem könne man nur die Oberfläche der Mukosa betrachten, während sich viele Tumoren in darunterliegenden Gewebsschichten entwickelten.

Prof. ­Tearney stellte anschließend ein von ihm und Kolleg:innen entwickeltes Verfahren der Bildgebung im oberen Gastrointestinaltrakt vor, die Tethered Capsule Endomicroscopy (TCE) heißt. Wache Patient:innen schlucken dabei eine an ein dünnes Kabel gekoppelte Kapsel. Diese scannt das Gewebe im Zielareal mit einem Verfahren namens Optical Coherence Tomografy (OCT).

Der Referent berichtete, dass die verwendeten Lichtstrahlen 1–3 mm tief ins Gewebe vordringen. Damit erhalte man eine dreidimensionale Bildgebung. Das Ergebnis ähnele der Lichtmikroskopie eines Gewebsschnittes bei zwei- bis vierfacher Vergrößerung. Sein Team habe auch Kapseln entwickelt, die zusätzlich Biopsien entnehmen können. Die Kosten für die Ausrüstung prognostiziert Prof. ­Tearney mit rund 5000 € für eine Bildgebungskonsole und etwa 10 € für jede wiederverwendbare Kapsel.

In einer Pilotstudie zu Barret’s Ösophagus (BE) mit 202 unsedierten Erkrankten aus der Primärversorgung konnten 80 % die Kapsel schlucken und 99 % bevorzugten das neue Verfahren gegenüber einer Endoskopie. Im Durchschnitt dauerte die Untersuchung der Speiseröhre vier Minuten. Prof. ­Tearney ermittelte in dieser Kohorte eine Prävalenz des BE von 16,4 %. Mehrheitlich waren die betroffenen Segmente kürzer als 1 cm. Er betonte die schlechte Prognose ösophagealer Adenokarzinome, gab aber zu, dass noch Bedarf an prognostischen Markern bestehe, um besonders gefährdete Patient:innen mit BE zu identifizieren.

Als Alternative zur klassischen Koloskopie denkbar

Mit der entwickelten Technologie erreichte die Arbeitsgruppe um Prof. Tearney das Duodenum sowie den Ausgang des Pankreas. Als zukünftiges Ziel benannte der Referent, Proben des Pankreassekrets entnehmen zu können.

Darüber hinaus könnten kapselbasierte Technologien langfristig eine Alternative zur klassischen Koloskopie bieten. Der Einschätzung des Referenten nach wäre der Bedarf für Sedierung mit dem neuen Verfahren auch hier geringer. Als zusätzlichen Vorteil habe eine um die eigene Achse rotierende Kapsel im Gegensatz zum Endoskop keine toten Winkel. Zuletzt sieht Prof. Tearney­ zudem Potenzial in einer algorithmengestützten, automatisierten Auswertung der Aufnahmen­. 

Quelle:
Tearney G. 3rd International Conference on Cancer prevention; „Cancer screening with tethered capsule endomicroscopy“