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Mikrohämaturie Nicht gleich die volle Dröhnung

Autor: Josef Gulden

Die diagnostische Ausbeute von Urothelkarzinomen und Nierenzellkrebs ist gering. Die diagnostische Ausbeute von Urothelkarzinomen und Nierenzellkrebs ist gering. © iStock/Dmitry Gladkov
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Stellt man eine Mikrohämaturie fest, werden häufig Zytoskopie und CT-Urographie zur Abklärung genutzt. Dass dieses Vorgehen nicht unbedingt zielführend ist, spiegeln Daten einer aktuellen Metaanalyse wider.

Eine Mikrohämaturie ist ein häufiger Befund, der bei bis zu 21 % der Erwachsenen erhoben wird. Daraus ergibt sich eine hohe Zahl an weiterführenden urologischen Untersuchungen zur Abklärung, die sowohl zur Beunruhigung der Patienten als auch zu erheblichen Kosten führt – und es gibt bis heute keinen Konsens zwischen nationalen und internationalen Fachgesellschaften über die exakte Indikationsstellung. Schweizer Urologen haben deshalb in einer Metaanalyse die Studienlandschaft zu diesem Thema evaluiert.

Zur Detektion von Blasenkrebs nach Feststellung einer Mikrohämaturie wird eine Zystoskopie durchgeführt, im Falle von Tumoren des oberen Harntrakts (Urothel- und Nierenzellkarzinome) wurde vor mehr als zehn Jahren die i.v.-Urographie durch die CT-Urographie ersetzt. Wie hoch die diagnostische Ausbeute, d.h. der Anteil von tatsächlich entdeckten malignen Tumoren ist, bleibt unklar. Die Schweizer Kollegen um Sharon Waisbrod, Spital-Limattal, Schlieren, screenten deshalb die Literatur der Jahre 2009 bis 2019 und fanden 30 verwertbare prospektive oder retrospektive Studien mit insgesamt 24.366 Patienten. Diese waren wegen einer Mikrohämaturie mittels Zystoskopie und/oder urographischer Methoden evaluiert worden, wobei der Endpunkt jeweils die Prävalenz von Tumoren gewesen war.

Die gepoolte diagnostische Ausbeute betrug 2 % hinsichtlich eines Blasentumors, 0,02 % bezüglich Urothelkarzinomen des oberen Harntraktes und 0,18 % für Nierenzellkrebs (95%-KI 1,30–3,09 bzw. 0,0–0,15 bzw. 0,09–0,36). In den Studien, in denen mind. 95 % aller Teilnehmer mit Zystoskopie und/oder CT-Urographie untersucht worden waren, lagen die Werte mit 2,74 %, 0,09 % bzw. 0,10 % etwas höher. (95%-KI 1,81–4,12 bzw. 0,01–0,75 bzw. 0,04–0,23).

CT-Urographie nur für Hochrisikogruppe

In den separat untersuchten Hochrisiko-Kohorten (Alter mind. 60 Jahre, männliches Geschlecht, positive Raucheranamnese) waren insbesondere Blasenkarzinome mit 4,61 % und höher gelegene Urothelkarzinome mit 0,45 % deutlich häufiger detektiert worden (95%-KI 2,34–8,90 bzw. 0,22–0,95).

Die Autoren raten, aufgrund der niedrigen diagnostischen Ausbeute, insbesondere die CT-Urographie auf Hochrisiko-Patienten mit Mikrohämaturie im Alter von über 50 Jahren zu beschränken. Die kürzlich aktualisierte Guideline der American Urology Association befürwortet eine solche Risikostratifikation, die bei der künftigen Evaluierung derartiger diagnostischer Ansätze als zweckmäßig anzusehen sei. 

Quelle: Waisbrod S et al. JAMA Netw Open 2021; 4: e218409; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.8409