Schmerz als Fehlalarm des Gehirns Pain-Reprocessing lindert Rückenschmerzen langfristig

Autor: Judith Lorenz

Wenn Rückenschmerzen aus dem Gehirn stammen, lassen sie sich oft durch eine Pain-Reprocessing-Therapie reduzieren. Wenn Rückenschmerzen aus dem Gehirn stammen, lassen sie sich oft durch eine Pain-Reprocessing-Therapie reduzieren. © vectorfusionart - stock.adobe.com

Wenn Rückenschmerzen aus dem Gehirn stammen, lassen sie sich oft durch eine Pain-Reprocessing-Therapie reduzieren. Dabei halten die Ergebnisse bis zu fünf Jahre an.

Chronischen Rückenschmerzen liegt in vielen Fällen kein peripherer Gewebeschaden zugrunde, sondern sie sind das Ergebnis noziplastischer Prozesse. Dieses Wissen kann man sich therapeutisch zunutze machen: Betroffene, die den Schmerz als einen vom Gehirn generierten „falschen Alarm“ begreifen, leiden langfristig weniger unter entsprechenden Beschwerden. Das berichtet ein US-Forscherteam um Prof. Dr. Yoni Ashar von der University of Colorado Anschutz Medical Campus, Denver.

Betroffene absolvierten neun Sitzungen

Es wertete die Fünf-Jahres-Ergebnisse einer randomisierten klinischen Studie aus, an der zwischen 2017 und 2018 151 Erwachsene mit chronischen Rückenschmerzen teilgenommen hatten. Etwa ein Drittel der Personen absolvierte eine sogenannte Pain-Reprocessing-Therapie (PRT). Sie lernten in neun Sitzungen, ihre chronischen Rückenschmerzen als noziplastische, also durch eine veränderte Hirnaktivität hervorgerufene Prozesse zu verstehen. Dabei bedienten sich die Therapeutinnen und Therapeuten einer Kombination aus kognitiven, somatischen und expositionsbasierten Techniken.

Ein weiteres Drittel der Studienteilnehmenden erhielt einmalig eine subkutane Placeboinjektion am Rücken und wurde über die Wirksamkeit von Placebotherapien aufgeklärt. Die übrigen Patientinnen und Patienten bekamen lediglich ihre übliche Rückenschmerzbehandlung.

Im PRT-Arm beobachteten die Forschenden eine deutliche Reduktion der Schmerzbelastung, die auch ein Jahr nach der Intervention noch anhielt. Von 113 (75 %) der 151 Studienteilnehmenden (Durchschnittsalter 42 Jahre, 55 % Frauen) lagen Fünf-Jahres-Nachbeobachtungsdaten vor. Auch zu diesem Zeitpunkt erwies sich die PRT gegenüber beiden Vergleichsinterventionen im Hinblick auf die Reduktion der Schmerzintensität als signifikant überlegen. 55 % der mit PRT, aber nur 26 % der mit Placebo behandelten Personen und nur 36 % der Personen der Gruppe „übliche Rückenschmerzbehandlung“ waren nach fünf Jahren nahezu oder vollkommen schmerzfrei. Weiterhin zeichneten sich signifikante Vorteile der PRT gegenüber den beiden anderen Interventionen bezüglich folgender Endpunkte ab: Beeinträchtigung durch den Schmerz, Depression, Mind-Brain-Attributionen sowie Aktivitätsvermeidung. Auf Schlaf, Angst und Katastrophendenken hatte die PRT keinen Einfluss.

Mithilfe der PRT-Strategie, so das Fazit der Forschenden, erreicht ein erheblicher Anteil der Personen mit chronischen Rückenschmerzen dauerhaft Schmerzfreiheit. Einschränkend geben sie zu bedenken, dass die Studienteilnehmenden mehrheitlich unter leichten bis mäßigen Schmerzen litten. Studien an Menschen mit stärkerer Schmerzbelastung müssen daher nun folgen, meinen sie.

Quelle: 1. Ashar YK et al. JAMA Psychiatry 2025: e251844; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2025.1844
2. Ashar YK et al. JAMA Psychiatry 2022; 79(1): 13-23; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2021.2669