
Unterschätztes Virus im ZNS Pegivirus 1 kann Enzephalomyelitis auslösen

Eine Virusart, die beim Menschen gar nicht so selten vorkommt, kann offenbar bei Immunsupprimierten eine schwere Enzephalomyelitis auslösen. Ein Forscherteam um Dr. Franziska Scheibe, Charité – Universitätsmedizin Berlin, beschreibt vier Fälle, von denen zwei tödlich endeten.
Betroffene entwickelten neurologische Symptome
Die vier Betroffenen im Alter zwischen 57 und 70 Jahren hatten über lange Zeit eine immunsuppressive Therapie erhalten. Dann entwickelten sie über mehrere Monate hinweg eine progressive Neuropathie in beiden Optikusnerven, eine spastische Para- bzw. Tetraparese sowie sensorische Störungen. Einer der Erkrankten verstarb nach sieben, der andere nach 17 Monaten. Bei den anderen beiden stabilisierte sich die Symptomatik, sie blieben aber schwerbehindert.
In der Magnetresonanztomografie zeigten sich in der T2-Gewichtung bilaterale Hyperintensitäten der vorderen Sehbahn und ein Anstieg des T2-Signals im Bereich des Rückenmarks. Drei Patientinnen und Patienten wiesen außerdem Hyperintensitäten in rechter und linker Pyramidenbahn auf. Die Liquorbefunde sprachen jeweils für eine virale Enzephalitis. Mittels PCR ließ sich in allen vier Fällen dann in Liquor und Serum Pegivirus hominis (humanes Pegivirus Typ 1) nachweisen. In den postmortalen Hirnbiopsien der beiden Verstorbenen war dies ebenfalls der Fall.
Die klinischen, radiologischen, virologischen und Liquorbefunde lassen den Schluss zu, dass eine ZNS-Infektion mit Pegivirus 1 bei Immungeschwächten mit einer schweren Form der Enzephalomyelitis in Verbindung steht. Das Autorenteam wählte als Bezeichnung für diese Krankheit „pegivirusassoziierte Enzephalomyelitis (PAEM)“.
Das humane Pegivirus 1 wurde bislang nicht mit spezifischen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Es gibt aber Berichte über eine Assoziation mit Leukenzephalitis und Myelitis. Die hohe Viruslast im ZNS spricht für einen Neurotropismus des Keims, stellt das Autorenteam fest.
MRT-Befunde scheinen pathognomonisch zu sein
Über die Inzidenz von PAEM ist nichts bekannt. Die Forscherinnen und Forscher gehen aber davon aus, dass die Krankheit unterdiagnostiziert ist, da vier Fälle innerhalb von zwei Jahren an einer einzigen Klinik aufgetreten sind. Die MRT-Befunde scheinen pathognomonisch zu sein. Bei entsprechenden Bildern sollte man daher auf Pegivirus 1 testen.
Quelle: Scheibe F et al. N Engl J Med 2025; 392; 18: 1864-1866; doi: 10.1056/NEJMc2501512