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Plättchenreiches Plasma ohne Nutzen bei Sehnenriss

Autor: Michael Brendler

Der Nutzen des plättchenreichen Plasmas bei Weichteilverletzungen muss wohl hinterfragt werden. Der Nutzen des plättchenreichen Plasmas bei Weichteilverletzungen muss wohl hinterfragt werden. © iStock/romaset
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In der Orthopädie gilt plättchenreiches Plasma als Wundermittel. Vor allem bei muskuloskelettalen Verletzungen soll es den Heilungsprozess verbessern. Im Labor scheint das auch zu klappen. In der Praxis offenbar nicht.

Werden Leukozyten und Blutplättchen mit Wachstumsfaktoren und anderen bioaktiven Proteinen aus dem Blut eines Patienten herausgeholt und hochkonzentriert in die Umgebung einer verletzten Sehne gespritzt, hat das laut einiger Studien heilende Effekte. Fast 40 klinische Untersuchungen sind zu diesem Thema schon durchgeführt worden, wie Dr. David J. Keene vom Nuffield Department of Orthopaedics, Rheumatology and Musculoskeletal Sciences am John Radcliffe Hospital in Oxford und seine Kollegen berichten.

Doch in keiner einzigen dieser Forschungsarbeiten sei es gelungen, einen Nutzen des sogenannten plättchenreichen Plasmas (PRP) in der klinischen Anwendung zu zeigen. Möglicherweise, so deuten es die Forscher aus Oxford an, werde der Hype um das PRP aus handfesten kommerziellen Gründen am Laufen gehalten. Mit den Ergebnissen einer weiteren Studie liefern die britischen Wissenschaftler nun neue Fakten zum Thema.

Keinerlei Unterschied zur Scheinbehandlung

Sie hatten 230 Patienten mit einer frischen Ruptur der Achillessehne randomisiert, verblindet und unter standardisierten Bedingungen entweder ein PRP-Präparat gespritzt oder diese Injektion nur vorgetäuscht. Die üblichen kurativen Maßnahmen schlossen sich an. 24 Wochen später mussten die Patienten im Einbein-Stand im Vergleich zur Gegenseite den Therapieerfolg demonstrieren. Zudem wurde ihre eigene Bewertung des Heilungserfolgs abgefragt, ebenso die Einschätzung ihrer Lebensqualität.

In keiner der untersuchten Kategorien schnitten die Studienteilnehmer mit der echten Injektion besser ab als ihre scheinbehandelten Leidensgenossen, lautet das ernüchternde Fazit der Studienautoren, ein nachweisbarer Nutzen des thrombozytenreichen Plasmas ließ sich in dieser Indikation nicht zeigen. Ihrer Einschätzung nach lässt sich diese Erkenntnis auf andere Verletzungen übertragen.

Die Wissenschaftler hatten sich für die Achillessehne als Studienobjekt entschieden, weil deren Ruptur im Vergleich zu anderen Sehnenrissen häufiger vorkommt und einfacher zu diagnostizieren ist. Darüber hinaus ist die Funktionsfähigkeit der Achillesferse leicht zu testen. Generell müsse der Nutzen von plättchenreichem Plasma bei Weichteilverletzungen hinterfragt werden, schreiben die britischen Kollegen abschließend. 

Quelle: Keene DJ et al. BMJ 2019; 367: l6132; DOI: 10.1136/bmj.l613