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Mammakarzinom Molekulare Muster identifizieren

DGHO 2022 Autor: Birgit-Kristin Pohlmann

In der Zukunft der Brustkrebstherapie sollen nicht mehr einzelne Genveränderungen isoliert betrachtet, sondern molekulare Muster ausgewertet werden. 
In der Zukunft der Brustkrebstherapie sollen nicht mehr einzelne Genveränderungen isoliert betrachtet, sondern molekulare Muster ausgewertet werden. © Axel Kock – stock.adobe.com
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Molekulare Biomarker werden immer wichtiger für die Therapieentscheidung. Dies bestätigen jetzt auch Real-World-Daten, die bei Brustkrebserkrankten erhoben wurden. Zukünftig wird es nicht mehr darum gehen, einzelne Genveränderungen isoliert zu betrachten, sondern molekulare Muster zu identifizieren. Und: Die Ergebnisse zeigen, dass sich der molekulare Subtyp im Krankheitsverlauf ändern kann.

Eine Wiener Arbeitsgruppe hat neue Real-Word-Daten zu molekularen Biomarkern bei Brustkrebspatientinnen veröffentlicht. Die Analyse basierte auf 122 Erkrankten mit mehrheitlich (80 %) ein bis zwei Vortherapien. Die größten Subpopulationen waren jene mit HR+/HER2- (42,5%) und tripel-negativem Mammakarzinom (TNBC; 41,0 %). Bei allen Betroffenen wurde eine molekulare Diagnostik mittels Next-Generation-Sequencing (NGS) durchgeführt, berichtete Dr. Louisa Hempel, Sigmund Freud Medizinische Universität Wien.

Den Fokus auf molekulare Muster legen

Die häufigsten klinisch relevanten Biomarker waren jeweils Alterationen im PIK3CA/AKT1-/PTEN-Signalweg gefolgt von ESR1- und HER2-Mutationen, HER2-Amplifikationen in der Gruppe der HR+ Patientinnen sowie BRCA1/2-Mutationen bei den TNBC-Erkrankten. Die Analyse mache deutlich, dass die meisten Onkogene in ein komplexes genomischen Umfeld eingebunden sind, das durch zusätzliche Alterationen charakterisiert ist, die ihrerseits wiederum therapeutische Targets darstellen können. Dies unterstreiche die Bedeutung molekularer Testungen. In Zukunft, so Dr. Hempel, würden nicht mehr einzelne Genveränderungen isoliert betrachtet, sondern molekulare Muster ausgewertet.

Molekularer Subtyp kann sich ändern

Patientinnen, die einen Progress unter der zielgerichteten Therapie erlitten, wurden einer zweiten NGS-Analyse unterzogen. Hier zeigte sich, dass sich der molekulare Subtyp – unabhängig von der ursprünglichen molekularen Veränderung – im Krankheitsverlauf ändern kann. Als besonders dynamisch erwies sich laut Dr. Hempel der HER2-Status. Klinisch bedeute dies, dass bei progredienten Erkrankten eine erneute NGS-Testung (sequenzielle Biopsy) sinnvoll sei.

Von den 122 Teilnehmerinnen erhielten 73 eine entsprechende zielgerichtete Therapie, während die restlichen – definiert als Standardkohorte – trotz Nachweis molekularer Biomarker nicht mit einer solchen behandelt wurden. Frauen unter einer zielgerichteten Therapie hatten mit median 13 Monaten vs. 12 Monate ein längeres medianes PFS und ein längeres klinisches Ansprechen mit median 15 Monaten versus 9,5 Monate. Dass die Unterschiede jeweils nicht signifikant waren, sei nicht erstaunlich, da es sich um Real-World-Daten mit entsprechend hoher Cross-over-Rate handele, betonte Dr. Hempel.

Je mehr zielgerichtete Substanzen zugelassen werden, umso häufiger stellen sich im klinischen Alltag die Fragen, wie Therapiesequenzen aussehen müssen und ob Kombinationen mit verschiedenen zielgerichteten Medikamenten Sinn machen. Ziel müsse es sein, die molekularen Veränderungen in ihrer klinischen Bedeutung besser zu analysieren und Algorithmen zu definieren, die bei der Therapieentscheidung unterstützen.

Quelle:
Hempel L. Jahrestagung 2022 der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie; Vortrag V276: „Therapieansprechen auf der Grundlage molekularer Muster beim Mammakarzinom – eine Real-World-Data-Analyse“