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Rekonvaleszentenplasma bei COVID-19 Rechtzeitige Therapie senkt Mortalität bei akutem Atemnotsyndrom

Autor: Dr. Andrea Wülker

Die Therapie mit Rekonvaleszentenplasma senkte in einer Studie die 28-Tage-Mortalität von Patienten mit COVID-19-induziertem Atemnotsyndrom signifikant. Die Therapie mit Rekonvaleszentenplasma senkte in einer Studie die 28-Tage-Mortalität von Patienten mit COVID-19-induziertem Atemnotsyndrom signifikant. © arcyto – stock.adobe.com
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Die anfangs bei COVID-19-Patienten eingesetzte Therapie mit Rekonvaleszentenplasma hat im Laufe der Zeit an Bedeutung verloren. Bei einem Atemnotsyndrom im Zuge der Infektion könnte sie aber Leben retten.

Etwa 70 % der Patienten mit COVID-19, die auf der Intensivstation behandelt werden müssen, benötigen aufgrund eines akuten Atemnotsyndroms eine invasive Beatmung. Die Prognose bei dieser Komplikation ist schlecht: Während der Coronaviruspandemie 2020/2021 starben etwa 45 % der intensivpflichtigen, beatmeten Patienten. 

Zu Beginn der Pandemie nutzte man Plasma von Rekonvaleszenten zur passiven Immunisierung frisch Infizierter. Ob COVID-19-Patienten mit einem akuten Lungenversagen von einer solchen Therapie profitieren könnten, prüfte ein Team um Dr. Benoît Misset von der Universitätsklinik Lüttich in einer offenen randomisierten Studie.

In die Untersuchung waren 475 Patienten mit COVID-19 und akutem Atemnotsyndrom eingeschlossen, die seit weniger als fünf Tagen invasiv beatmet wurden. 237 von ihnen bekamen Rekonvaleszentenplasma, 82,3 % davon mit einem Antikörpertiter von 1:320, die Übrigen mit einem Titer von 1:160. Die verbliebenen 238 erhielten die übliche Standardversorgung. Fast allen (98,1 %) wurden Glukokortikoide verordnet.

Bis zum Tag 28 starben 45,0 % der Teilnehmer aus der Kontrollgruppe. In der mit Rekonvaleszentenplasma behandelten Gruppe dagegen waren es nur 35,4 %. Damit konnte die Plasmabehandlung die 28-Tage-Mortalität von Patienten mit COVID-19-induziertem Atemnotsyndrom signifikant senken

Eine späte Plasmagabe brachte keinen Nutzen

Der Effekt ließ sich in erster Linie bei denjenigen beobachten, die innerhalb von höchstens 48 Stunden nach Beginn der Beatmung randomisiert worden waren. Die 28-Tage-Mortalität der plasmaversorgten Patienten lag dann bei 32,7 %, bei Standardtherapie hingegen bei 46,8 %. Eine spätere Plasmagabe brachte keinen Vorteil mehr (42 % vs. 40 %).

Die Autoren weisen darauf hin, dass Patienten, die bei Einschluss in die Studie schwerer krank waren, am meisten vom Plasma profitierten. Pathophysiologisch vermuten sie, dass die Behandlung die Viruslast in den Lungen von COVID-19-Patienten reduziert und damit der Inflammation entgegenwirkt. Die belgischen Kollegen gehen davon aus, dass die neutralisierenden Antikörper zu Beginn der Kaskade zwischen Infektion und Inflammation agieren.

Quelle: Misset B et al. N Engl J Med 2023; 389: 1590-1600; DOI: 10.1056/NEJMoa2209502