Anzeige

Regenbogen in der Schüssel – Was verfärbter Urin plus Kolik alles bedeuten kann

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Was verfärbter Urin plus Kolik alles bedeuten kann. Was verfärbter Urin plus Kolik alles bedeuten kann. © fotolia/gmstockstudio
Anzeige

Galle, Niere, Ileus oder Stoffwechsel: Rezidivierende Koliken mit verfärbtem Urin können Ihnen und Ihren Patienten das Leben schwer machen. Also durchatmen und die möglichen Ursachen abarbeiten.

Das erste, was wohl jedem bei verfärbtem Urin und Koliken einfällt, sind Gallen(gangs)steine. Zum dunklen Urin kommen dabei heller Stuhl, rechtsseitige Oberbauchschmerzen, Ikterus, Übelkeit und Erbrechen. Diagnostisch stehen Sono und Labor an erster Stelle, evtl. ergänzt durch MRT oder Endosono. Die laparoskopische Cholezyst-ektomie schafft rasche Abhilfe. Bei einer Choledocholithiasis sollte die endoskopische retrograde Cholangiographie mit Steinextraktion vorausgehen, erklärte Professor Dr. Tilo­ Andus­ von der Klinik für Allgemeine Innere Medizin im Krankenhaus Bad Cannstatt in Stuttgart.

Blutiger Urin kann sowohl auf Nierenkonkremente als auch auf ein malignes Geschehen hindeuten. Begleitende Koliken sprechen eher für die Steine, die Schmerzen strahlen oft in die Leiste aus und die Patienten klagen ebenfalls über Übelkeit und Erbrechen, gelegentlich über Dysurie. Ultraschall, Low-Dose-CT und ggf. Ausscheidungsurogramm sichern die Diagnose, therapeutisch können Schmerzmittel, Flüssigkeit und Bewegung manchmal genügen, ansonsten gehören zu den möglichen Behandlungsbausteinen extrakorporale Stoßwellenlithotripsie und endoskopische/operative Entfernung.

Bei akuter Porphyrie Glukoselösung geben

Als zwei wesentliche Allgemein­erkrankungen, die sich durch Urinverfärbung plus Koliken manifes­tieren, nannte Prof. Andus die akut intermittierende Porphyrie und die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie. Bei der Porphyrie (porphyrá=Purpur) liegt ein genetischer Defekt der Porphobilinogen-Deaminase vor. Porphobilinogen, Aminolävulinsäure, Uroporphyrin und Coproporphyrin sind erhöht und lassen den Harn nachdunkeln.

Vorsicht, geplatzter Ballon!

In Zeiten der boomenden bariatrischen Chirurgie gewinnt der Ileus durch einen geplatzten Magenballon zunehmend an Bedeutung. Da die Ballons in der Regel mit einem blauen Farbstoff gefüllt sind, zeigt sich der Urin blau oder grün verfärbt, der Ileus löst die Krämpfe aus. Im Labor finden sich häufig erhöhte Entzündungswerte, mittels Sono oder Spiegelung des oberen Gastrointestinaltraktes lässt sich der geplatzte Ballon erkennen, der dann endoskopisch oder chirurgisch entfernt werden sollte.

Kolikartige Bauchschmerzen stellen mit 90 % das führende klinische Zeichen dar, aber auch Erbrechen und Obstipation zählen zu typischen Beschwerden. Bei 50–60 % der Patienten kommt es zu neurologischen Symptomen wie motorischen/sensorischen Störungen, Krampfanfällen oder Hirnnervenschäden. Zu den potenziellen Triggerfaktoren gehören u.a. Stress, Hungern, Pharmaka (z.B. Barbiturate, Steroide), Alkohol oder Dehydratation. Die Diagnostik umfasst Messungen der Porphyrine in Urin, Blut und Stuhl sowie molekulargenetische Untersuchungen. In der Therapie hat das Meiden der Auslöser größten Stellenwert, im Akutfall kommen Glukoselösungen und bei schweren Fällen Hämarginat zum Einsatz. Symptomatisch lindern Opioide die Schmerzen und Promazin die Übelkeit. Bei der ebenfalls genetisch bedingten paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie liegt eine Komplement-vermittelte Hämolyse vor. Dazu kommen Vasospasmen und intraabdominelle Thromben, die Bauchschmerzen verursachen. Als weitere mögliche Symptome nannte Prof. Andus Fatigue, Dyspnoe, erektile Dysfunktion, Knochenmarksuppression, Brustschmerzen und Thrombosen. Laborchemisch muss man Differentialblutbild, direkten Coombs-Test, Haptoglobin, LDH und Bilirubin bestimmen sowie im Urin nach Hämoglobin und Hämosiderin suchen. Außerdem gibt es verschiedene molekulargenetische Tests. Therapeutisch stehen allogene Stammzelltransplantation, Komplement-Inhibition mit Eculizumab, Antikoagulation, Eisensubstitution oder schlicht Abwarten auf dem Plan. 

Quelle: Viszeralmedizin 2017