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Roboter im OP-Team Rektumkarzinom radikal, aber schonend resezieren

Autor: Dr. Andrea Wülker

Roboterassistierte Chirurgiesysteme kommen bereits seit einigen Jahren zum Einsatz. Roboterassistierte Chirurgiesysteme kommen bereits seit einigen Jahren zum Einsatz. © Damian – stock.adobe.com
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Bei der Behandlung von Karzinomen im Enddarm spielt die Chirurgie eine zentrale Rolle. Weil das Rektum tief im Becken liegt und von wichtigen Nervenstrukturen umgeben ist, muss möglichst präzise und schonend operiert werden. Ein Roboter leistet dabei gute Dienste.

Durch multimodale Therapieansätze hat sich die Prognose für Patienten mit Rektumkarzinom in den letzten Jahren deutlich verbessert. Ist die Krebsbehandlung überstanden, haben viele Betroffene noch ein langes Leben vor sich, schreibt Prof. Dr. Daniel­ Perez­ von der Asklepios Klinik Altona, Hamburg. Deshalb – und auch, weil immer mehr jüngere Menschen von Rektumkarzinomen betroffen sind – ist es wichtig, dass die Krebs-OP möglichst wenig Schaden anrichtet.

Um bösartige Tumoren im mittleren und unteren Enddarm radikal zu resezieren, muss nicht nur das Rektum, sondern auch das umgebende Gewebe (Mesorektum) entfernt werden. Chirurgen sprechen von „totaler mesorektaler Exzision“ (TME).

In Deutschland wird noch immer häufig offen operiert

Dieser Eingriff kann offen – und teilweise traumatisch – über eine mediane Laparotomie durchgeführt werden. Inzwischen hat sich die OP-Technik zu minimal-invasiven, schonenderen Eingriffen weiterentwickelt. Dabei gibt es die laparoskopische Variante über einen abdominalen Zugang und die kombinierte laparoskopische Technik mit einem abdominalen plus einem trans­analen Zugang (TaTME) sowie die roboterunterstützte OP-Methode. Dennoch wird in Deutschland immer noch häufig offen operiert (s. Kasten).

Offen oder laparoskopisch operieren?

Rektumkarzinome liegen oft nahe am Schließmuskel und sind nicht einfach zu operieren. Die transanale totale mesorektale Exzision (TaTME) wurde entwickelt, um Enddarmtumoren im tiefen und engen männlichen Becken besser angehen zu können – und zwar laparoskopisch von abdominal und transanal. Aber: Die Methode ist komplex und nicht leicht zu lernen, und es kann zu schweren Komplikationen kommen.

In Deutschland werden Rektumkarzinome nach wie vor häufig „offen“ (und damit nicht sehr schonend) operiert. Dies hat laut Prof. Perez damit zu tun, dass Rektumkarzinompatienten oft in Kliniken mit geringen Fallzahlen behandelt werden. Dort lasse sich die anspruchsvolle laparoskopische OP-Technik „nicht sinnvoll etablieren“.

Nach einer Rektumresektion können gravierende Funktionsstörungen wie Stuhl- und Harninkontinenz oder sexuelle Dysfunktion zurückbleiben, was die Lebensqualität der Patienten stark beeinträchtigen kann. Untersuchungen zufolge geben bis zu 65 % nach einer Rektumresektion eine postoperative anorektale Dysfunktion an. Das liegt zwar nicht ausschließlich, aber doch wesentlich an der gewählten OP-Technik. Denn je präziser die Resektion, desto besser werden sensible Strukturen wie die autonomen Nerven im Becken geschützt.

Vor diesem Hintergrund ist die Resektion mit dem Da-Vinci-Roboter von Interesse. Bei diesem Verfahren wird mit sehr kleinen und feinen Instrumenten operiert, die viel beweglicher sind als die geraden Laparoskopie-Instrumente. Dies und die gute 3D-Visualisierung erleichtern dem Operateur gerade in beengten räumlichen Verhältnissen wie dem tiefen und engen Becken des Mannes die Arbeit.

Der Frage, wie es mit der anorektalen Funktion nach Da-Vinci-assistierten Operationen aussieht, ist das Team um Prof. Perez in einer Studie nachgegangen, in der die Resultate nach roboterunterstützten Eingriffen mit den in der Fachliteratur veröffentlichten Ergebnissen verglichen wurden. Als Instrument zur Funktionserfassung diente der „low anterior resection syndrome score“ (LARS-Score). Dieses Tool erfasst vier Domänen der rektalen Funktionalität: Kontinenz, Entleerungsstörung, gestörtes Dranggefühl und Entleerungshäufigkeit.

Da-Vinci-Roboter besser für die anorektale Funktion

Dabei erzielte die Da-Vinci-Roboter-unterstützte Technik im Vergleich zu allen bisher bekannten OP-Verfahren signifikant bessere Ergebnisse hinsichtlich der anorektalen Funktion und sie ging mit einer deutlich geringeren Rate an Patienten mit postoperativem LARS-Syndrom einher.

Die durch den Roboter unterstützte OP-Technik bietet die Möglichkeit einer onkologisch radikalen Rektum-OP bei maximaler Schonung der autonomen Nerven und der benachbarten Organe, fasst der Kollege zusammen. Voraussetzung für den Erfolg ist, dass die robotische Resektion von einem gut geschulten und erfahrenen Team durchgeführt wird.

Quelle: Perez D. Hamburger Ärzteblatt 2022; 76: 30-32