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Benigne Prostatahyperplasie Schonend an die vergrößerte Prostata?

Autor: Dr. Anne Benckendorff

Die Autoren empfehlen, mit den Patienten ausführlich die Chancen und Risiken aller infrage kommenden Therapieoptionen zu besprechen. Die Autoren empfehlen, mit den Patienten ausführlich die Chancen und Risiken aller infrage kommenden Therapieoptionen zu besprechen. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.
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Reichen konservative Therapieansätze bei einer benignen Prostatahyperplasie nicht aus, ist die transurethrale Resektion die Methode der Wahl. Inzwischen kommen zunehmend minimalinvasive Methoden zum Einsatz – die Datenlage dafür ist jedoch dürftig.

Bei der benignen Prostatahyperplasie (BPH) hat sich als operatives Therapieverfahren die transurethrale Resektion der Prostata (TURP) etabliert. Dabei wird mit einer elektrischen Drahtschlinge, die durch die Harnröhre vorgeschoben wird, Prostatagewebe abgetragen. Der Eingriff erfordert eine Vollnarkose oder Spinalanästhesie sowie einen kurzen stationären Aufenthalt. Mögliche Nebenwirkungen sind Infektionen des Urogenitaltrakts, erektile Dysfunktion (bis zu 10 %) und retrograde Ejakulation (65–75 %). Eine potenziell schwerwiegende verdünnungsbedingte Hyponatriämie (TUR-Syndrom) tritt im Rahmen der Behandlung bei rund 2 % der Patienten auf.

Neuere Methoden auf dem Vormarsch

lnzwischen gibt es eine Reihe minimalinvasiver Alternativen, die in Sedierung und ambulant durchgeführt werden können. Ein Cochrane-Review aus dem vergangenen Jahr kam zu dem Schluss, dass die neueren Methoden in etwa zu einer ähnlichen oder geringfügigeren Verbesserung der Harnwegssymptome und der Lebensqualität führen wie die TURP. Jedoch sei die wissenschaftliche Evidenz limitiert.

Prof. Dr. Juan Franco vom Institut für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Düsseldorf und Kollegen, die an der Cochrane-Analyse mitgearbeitet hatten, berücksichtigten jetzt in einer aktuellen Veröffentlichung zusätzlich neuere Untersuchungen. Dabei beschreiben die Autoren fünf minimalinvasive Verfahren als Alternative zur TURP:

  • Prostataarterien-Embolisation (PAE): Einbringen von Mikrosphären in die Prostataarterie; in der Folge kommt es zu Gefäßverschluss und Ischämie
  • transurethrale Mikrowellentherapie (transurethral microwave thermotherapy, TUMT): Erhitzen und somit Zerstören des Prostatagewebes durch Mikrowellen
  • Prostata-Harnröhren-Lifting (prostatic urethral lift, PUL): Implantation von Haken, die an der Wand der Harnröhre ziehen und sie so erweitern
  • konnektive Wasserdampf-Ablation (Water vapour thermal therapy, WVTT): Induktion von Nekrose des Prostatagewebes durch einen Strahl aus Wasserdampf
  • temporär implantierbares Nitinol-Device (TIND): Erweiterung des Lumens der Harnröhre und Induktion von Nekrose des benachbarten Prostatagewebes durch ein kleines Körbchen

Der aktuellen Auswertung zufolge könnten bei diesen neueren Verfahren weniger schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auftreten. Was potenzielle Störungen der Sexualfunktion (erektile Dysfunktion, retrograde Ejakulation) angeht, bleibt die Evidenz allerdings ungenügend, weil sie nicht systematisch genug untersucht wurden. Erneute Behandlungen scheinen jedoch nach einer TURP tendenziell weniger häufig notwendig zu sein.

Für die TUMT und die PAE konnten insgesamt 16 bzw. 7 Studien ausgewertet werden; für die PUL lagen zwei und für die WVTT und TIND jeweils nur eine Studie vor. Wie die Autoren betonen, haben die meisten Studien größere methodische Limitationen und ein hohes Risiko für einen Bias. Für die WVTT und TIND war zudem die Nachbeobachtung auf drei Monate beschränkt.

Nach Ansicht der Wissenschaftler wird sich die Datenlage in absehbarer Zeit nicht verbessern. Denn auch laufende Studien weisen Mängel auf: Nicht alle haben eine aussagekräftige Vergleichsgruppe; für die Patienten relevante Endpunkte wie sexuelle Funktion und erneute Behandlungen erhalten zu wenig Beachtung, und die geplante Nachbeobachtungszeit ist zu kurz.

Bedeutung sexueller Funktion im Vorfeld abklären

Die Autoren empfehlen, mit den Patienten ausführlich die Chancen und Risiken aller infrage kommenden Therapieoptionen zu besprechen. Die chirurgische Intervention kommt in Betracht, wenn sich unter den konventionellen Maßnahmen wie Reduktion der abendlichen Trinkmenge und ggf. einer medikamentösen Therapie die Symptome nicht bessern, Nebenwirkungen auftreten oder der Patient nicht langfristig Medikamente einnehmen will.

Im Vorfeld gilt es zu klären, welche Bedeutung beispielsweise die sexuelle Funktion für die Betroffenen hat, und ob sie bereit sind, einen weiteren Eingriff vornehmen zu lassen, falls der erste nicht erfolgreich verläuft. Und man sollte auf die Unsicherheiten bezüglich der neueren Verfahren hinweisen.

Quelle: Franco JVA et al. BMJ 2022; 377: e069002; DOI: 10.1136/bmj-2021-069002