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Axiale Spondyloarthritis Sind inflammatorische oder nicht-inflammatorische Ursachen ausschlaggebend?

EULAR 2023 Autor: Dr. Sonja Kempinski

Bisher Fehlen sowohl eine Definition als auch  Behandlungsempfehlungen zur axSpA. Bisher Fehlen sowohl eine Definition als auch Behandlungsempfehlungen zur axSpA. © Costel – stock.adobe.com
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Viele axSpA-Patienten erreichen ihre Therapieziele nicht oder leiden erheblich unter der Krankheitslast. Welche Tricks helfen im Umgang mit einer solchen schwer behandelbaren axSpA? An offiziellen Empfehlungen mangelt es noch. 

Bei der axSpA sind die Response­raten insgesamt noch suboptimal, berichtete Prof. Dr. Mariusz­ Korkosz­ vom Jagiellonian University Medical College in Krakau. Zwar erreichen in randomisierten kontrollierten Studien etwa 60 % der Patienten einen ASAS von 20. In der Praxis sehen die Zahlen aber bescheiden aus: Nur 20 % der behandelten Patienten weisen mit einem ASDAS-CRP < 2,1 eine niedrige Krankheitsaktivität auf.

Im Gegensatz zur RA existiert für die axSpA weder eine gültige offizielle Definition der Difficult-to-treat(D2T)-Erkrankung noch gibt es Empfehlungen, wie damit umzugehen ist. In Anlehnung an die RA haben Experten versucht, zumindest gegen den ersten Punkt etwas zu unternehmen und einen Definitionsvorschlag der D2T-axSpA erarbeitet (siehe Kasten). Daraus folgen im Prinzip drei Szenarien mit Handlungsbedarf: 

  • niedrige Krankheitsaktivität, aber hohe Krankheitslast,
  • hohe Krankheitsaktivität, aber niedrige Krankheitslast und
  • hohe Krankheitsaktivität und hohe Krankheitslast.

Wann ist es eine D2T-axSpA?

Für die Diagnose einer D2T-axSpA müssen folgende drei Kriterien zutreffen:

1.    Trotz Therapie nach EULAR-Empfehlung versagen ≥ 2 b/ts DMARD mit verschiedenen Wirkmechanismen oder ≥ 3 b/ts/DMARD
2.    Evidenz für eine Krankheitsaktivität oder Progression, definiert durch das Zutreffen von mindestens einem der folgenden Punkte:

  • ASDAS-CRP > 1,3 oder BASDAI > 4/10

  • Artikuläre oder extraartikuläre Anzeichen oder Symptome einer aktiven Erkrankung, z.B. Uveitis, IBD, Psoriasis

  • NSAR können nicht reduziert oder abgesetzt werden

  • Krankheit ist kontrolliert, verursacht aber weiterhin Beschwerden, die die Lebensqualität beeinträchtigen

3.    Das Management der Erkrankung wird von Patient und/oder Arzt als problematisch angesehen.

Gründe für eine D2T-axSpA gibt es viele. Einer davon ist das fehlende Ansprechen auf die Pharmakotherapie. Entweder fehlt es von Anfang an (primäres Therapieversagen) oder es geht nach anfänglicher Wirkung verloren (sekundäres Therapieversagen). In beiden Fällen müssen oft mehrere b/tsDMARD ausprobiert werden, bis ein Wirkstoff greift. Zwei neuere Studien haben Risikofaktoren für multiple Medikamentenwechsel bei axSpA gefunden. Dazu gehören weibliches Geschlecht, Infektionen, HLA-B27-Positivität, reduziertes Ansprechen auf NSAR und ein höherer BASDAI.

Neben diesen Gründen für ein fehlendes Ansprechen auf die Pharmakotherapie gibt es eine weitere Ursache: Das Medikament wird gar nicht erst eingenommen, z.B. wegen

  • unerwünschter Wirkungen,

  • Medikamentenintoleranz oder

  • mangelnder Adhärenz.

Auch extraartikuläre Manifestationen und Komorbiditäten können ein schlechteres Ansprechen und somit die D2T-axSpA begünstigen. So weiß man, dass sowohl eine begleitende entzündliche Darmerkrankung als auch eine Psoriasis mit einem erhöhten BASDAI assoziiert sind. Patienten, die mit peripheren Gelenkmanifestationen zu kämpfen haben, weisen ebenfalls eine durchschnittlich höhere Krankheitsaktivität auf. Zudem sind Hypertonie, Übergewicht, Hyperlipidämie und Depression mit schlechter Response und erhöhter Krankheitslast verbunden. 

Großen Einfluss auf Ansprechraten und Krankheitsaktivität haben auch Strukturschäden. Sie vermindern die Mobilität zusätzlich und sorgen dafür, dass sich sekundäre, nicht-entzündliche Schmerzen entwickeln. Schlussendlich dürfen die psychischen und sozialen Faktoren nicht vergessen werden. Arbeitsfähigkeit, Mentalität, Bewältigungsstrategien sowie das Familienleben und die Teilhabe an sozialen Aktivitäten wirken sich erheblich auf axSpA-Scores und Krankheitslast aus, betonte Prof. Korkosz. 

Im Hinblick auf die verschiedenen Ursachen schlägt der Rheumatologe folgendes Vorgehen bei Patienten mit D2T-axSpA vor. 
Manchmal reicht es schon, die Adhärenz zu kontrollieren und ggf. einer schlechten Therapietreue entgegenzusteuern. Außerdem sollte man bei fehlendem Ansprechen immer auch die axSpA-Diagnose als solche hinterfragen. Stimmen sowohl Diagnose als auch Adhärenz, stellt sich die nächste Frage: inflammatorisches Geschehen oder nicht-entzündliche Ursache?

Bei hohem Aktivitätsscore und objektiven Entzündungsanzeichen (CRP, MRT- oder Ultraschallsignale, Synovitis, Enthesitis) stecken hinter der D2T-axSpA entweder muskuloskelettale bzw. periphere Manifestationen oder ein Versagen der Pharmakotherapie. Dann hilft es, die Medikation zu überdenken und anzupassen – z.B. das DMARD wechseln, die NSAR-Dosis optimieren oder lokale Steroide einsetzen. 

Bei niedriger Krankheitsaktivität erschweren nicht-inflammatorische Faktoren die axSpA-Behandlung. Das gilt meist auch für Patienten, die einen hohen Aktivitätsscore, aber keine objektiven Entzündungszeichen aufweisen. Bei diesen Patienten klärt man im nächsten Schritt Komorbiditäten wie Depression, Übergewicht oder Fibromyalgie ab. Psychische Faktoren lassen sich durch Patientenedukation, manchmal auch schon durch ein verständnisvolles Patientengespräch angehen. 

Alles in allem ist und bleibt die D2T-axSpA eine äußerst schwierige Angelegenheit, sowohl für den Arzt als auch für den Patienten, so das Fazit von Prof. Korkosz. Er wünscht sich deshalb, dass die EULAR bald eine offizielle Definition für die Erkrankung und – vor allem – Empfehlungen für ihre Behandlung gibt.

Quelle: Kongressbericht EULAR 2023 – Annual European Congress of Rheumatology