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Prostatakrebs Echtzeit-Befundung möglich

Autor: Dr. Miriam Sonnet

Ein wissenschaftliches Team versucht, den Prozess der Diagnose zu beschleunigen, sodass der Patient meist innerhalb von 30 Minuten die Diagnose erhält. Ein wissenschaftliches Team versucht, den Prozess der Diagnose zu beschleunigen, sodass der Patient meist innerhalb von 30 Minuten die Diagnose erhält. © RFBSIP – stock.adobe.com
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Weniger Prostatabiopsien, eine schnellere Diagnose und Hilfe bei der Entscheidungsfindung – künstliche Intelligenz und Telemedizin könnten sich vermehrt im Alltag von Urolog:innen etablieren. Auch bei Patienten kommt das gut an.

Für Betroffene ist jede Sekunde Wartezeit in der Diagnostik sehr belastend, konstatierte Prof. Dr. Tillmann­ Loch, DIAKO Krankenhaus Flensburg.1 Umso ernüchtender, dass sie sich im Schnitt 2–6 Wochen gedulden müssen, bis sie ihre endgültige Diagnose erhalten. Der Referent und sein Team versuchen, den Prozess so zu beschleunigen: (Niedergelassene) Kolleg:innen entnehmen eine Gewebeprobe und betrachten sie mit einem mobilen konfokalen Mikroskop. Die generierten Bilder werden telemetrisch zur Pathologie geschickt und dort ausgewertet. Der Patient erhält so meist innerhalb von 30 Minuten die Diagnose. Wichtig: „Wir müssen hier Methoden nutzen, bei denen man weniger Biopsien braucht“, so der Referent – sonst wäre die gewonnene Zeit durch die mehrfache Gewebeentnahme wieder verloren. Für die Bildgebung eigne sich die TRUS, deren Aufnahmen eine Künstliche Intelligenz analysiert. Von der KI als auffällig markierte Stellen werden dann biopsiert; damit lassen sich unnötige Gewebeentnahmen vermeiden.

Die schnelle Echtzeit-Analyse sei laut einer aktuellen Studie genauso gut wie diejenige, die standardmäßig erst nach zehn Tagen – unter Verwendung des endgültigen Präparats – fertig war, betonte Prof. Loch. 93 % der Karzinome konnten mit der „Instant-Pathologie“ erkannt werden.

Auf lange Sicht erfolgreich

Schon vor mehr als 20 Jahren veröffentlichten Prof. Loch und sein Team Studienergebnisse, die belegen, dass KI mit hoher Spezifität nicht sichtbare Anteile erkennen kann. Die Methode ist auch für das Monitoring von Männern mit hohem Prostatakrebsrisiko nützlich: Rund zwölf Jahre nach der erstmaligen Publikation der KI-Analyse zeigte sich, dass 50–75 % der normalerweise durchgeführten Biopsien entfallen können und dass 97 % der Patienten entweder kein Prostatakarzinom oder einen Tumor mit guter Prognose hatten.

Der genaue Einsatz der KI und die Schnittstelle mit Erkrankten und Behandelnden sei aktuell noch unklar, sagte PD Dr. Severin Rodler­, LMU München.2 Er untersuchte mit Kolleg:innen, ob Personen mit V.a. oder gesichertem Prostatakarzinom KI-unterstützte Urolog:innen bezüglich klinischer Entscheidungsfindungen bevorzugen. Die Teilnehmer wurden vor der MRT-Untersuchung, vor einer Biopsie und vor einer radikalen Prostatektomie befragt.

Erkrankte finden KI-basierte Entscheidungen attraktiv

Die Mehrheit befürwortete den Einsatz von KI im klinischen Alltag. Die KI schnitt allerdings aus Sicht der Befragten in relevanten Eigenschaften schlechter ab als Urolog:innen. Vor einer Entscheidungssituation wie einer Therapie bevorzugten die meisten Patienten Ärzt:innen, die „KI-verstärkt“ handeln – die also Methoden wie automatisierte Pathologie- oder Radiologietools einsetzen und durch KI unterstützt werden. Eine alleinige KI lehnten die meisten ab und auch der Entscheidungsfindungsprozess allein durch eine Urologin/einen Urologen schnitt schlechter ab als die KI-Verstärkung. Bei einer Diskrepanz von Ergebnissen würden die meisten Erkrankten einem Behandelnden vertrauen, der zusätzlich eine KI nutzt. 

Quellen:
1. Loch T. 74. Kongress der DGU; Telemedizinische Echtzeitpathologie KI-gezielter Prostatabiopsien: Von der Biopsie zur Diagnose in 30 Minuten
2. Rodler Severin. 74. Kongress der DGU; Künstliche Intelligenz in der Diagnose und Therapieentscheidung im Prostatakarzinom – bevorzugen Patienten KI-unterstützte Urologen?
74. Kongress der deutschen Gesellschaft für Urologie