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Pneumokokkenschutz STIKO-Empfehlungen werden zu wenig ernst genommen

Autor: Michael Brendler

Die Vakzinierung gegen Pneumokokken findet zu über 90 % in hausärztlichen Praxen statt. Die Vakzinierung gegen Pneumokokken findet zu über 90 % in hausärztlichen Praxen statt. © Zarina Lukash – stock.adobe.com
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Die Impfquote von Personen, denen die STIKO einen Pneumokokkenschutz empfiehlt, lässt zu wünschen übrig. Dies gilt insbesondere für jüngere Menschen und Chroniker, denen eine Indikationsimpfung zusteht.

Alle Menschen über 60 Jahre sowie Patienten mit chronischer Grunderkrankung oder geschwächtem Immunsystem sollten laut STIKO eine Pneumokokkenimpfung erhalten. Sarah Mihm vom Münchner Unternehmen MSD Sharp & Dohme und ihre Koautoren wollten wissen, inwieweit diese Empfehlung tatsächlich umgesetzt wird. Dazu werteten sie im Zeitraum 2014 bis 2019 die Daten einer repräsentativen Stichprobe aus, die rund vier Millionen GKV-Versicherte ab 16 Jahren umfasste.

In der Gruppe der über 60-Jährigen war knapp die Hälfte (46 %) gegen das Bakterium immunisiert. Wie die Auswertungen ergaben, stieg die Impfquote mit zunehmendem Alter an. Während sie bei Menschen zwischen 60 und 64 Jahren nur 13 % betrug, brachten es Patienten ab 75 Jahre auf 69,2 %.

Immerhin ist fast jeder dritte Lungenkranke geimpft

Deutlich schlechter sah es bei den Adressaten für die Indikationsimpfung ab 16 Jahren aus: Insgesamt hatten nur 17,1 % der Patienten mit chronischen Erkrankungen einen Pneumokokkenimpfschutz erhalten. Am besten schnitten noch jene ab, die an einem schweren chronischen Lungenleiden litten. Die Impfraten bewegten sich in dieser Gruppe zwischen 31,5 % (COPD) und 39 % (Lungenemphysem). Bei Patienten mit chronischen Herzkrankheiten oder Diabetes wurde die Botschaft der STIKO noch deutlich seltener umgesetzt: Nur 24,1 % bzw. 24,3 % bekamen eine Indikationsimpfung. Am Ende der Rangliste rangierten Patienten mit Zerebralparese. Sie waren nur zu 9,2 % gegen Pneumokokken geimpft.

Für die Impfquoten schien erneut das Alter eine Rolle zu spielen. Es galt: je jünger die Patienten mit chronischer Grunderkrankung, desto niedriger die Vakzinierungsrate. Während sie bei den 70- bis 74-Jährigen 30,9 % betrug, lag sie in der Kohorte zwischen 65 und 69 Jahren bei 30,2 % und bei Patienten zwischen 60 und 64 Jahren bei 19,8 %. Bei den 50- bis 59-Jährigen sank sie auf 6,2 %. Ebenfalls Anlass zur Sorge liefert die Erkenntnis, dass noch nicht einmal jeder vierte geimpfte Patient mit Risikoerkrankung (23,9 %) nach sechs Jahren die fällige Auffrischung bekam.

Die STIKO-Empfehlungen zur Pneumokokkenimpfung werden nicht in ausreichendem Maße umgesetzt, warnen die Autoren. In Anbetracht der alternden Gesellschaft und der steigenden Prävalenz von chronischen Krankheiten sei dies besorgniserregend.

Die Vakzinierung gegen Pneumokokken findet zu über 90 % in hausärztlichen Praxen statt. Als mögliche Maßnahmen zur Verbesserung des Managements schlagen die Autoren geeignete Softwarelösungen vor, die beispielsweise eine Funktion zur Erinnerung an Impftermine beinhaltet. Auch sollte es monetäre Anreize geben sowie die Möglichkeit, den Impfstatus im Rahmen von Disease-Management-Programmen zu dokumentieren.

Quelle: Mihm S et al. Dtsch Med Wochenschr 2023; DOI: 10.1055/a-2178-8306