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Chronische Hepatitis B Stop in the Name of Loss

Autor: Kathrin Strobel

Beim Absetzen der antiviralen Therapie bei chronischer Hepatitis B sollte man sehr vorsichtig sein. Beim Absetzen der antiviralen Therapie bei chronischer Hepatitis B sollte man sehr vorsichtig sein. © bluebay2014 – stock.adobe.com
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Patienten mit chronischer Hepatitis B erhalten in der Regel eine Langzeittherapie mit Nukleos(t)idanaloga. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass unter bestimmten Bedingungen ein Absetzen der Medikamente Vorteile bringen kann.

Wann kann eine antivirale Langzeittherapie der chronischen Hepatitis B beendet werden? Diese Frage beschäftigt Hepatologen schon seit Langem. Mittlerweile wurde die bisher größte prospektive kontrollierte Studie zum Absetzen der Nukleos(t)idanalogatherapie bei HBeAg-negativer chronischer Hepatitis B ohne Zirrhose publiziert.1 Darin erhöhte ein kontrolliertes Beenden der Behandlung (nach ≥ 4 Jahren Therapie) bei Patienten mit niedrigen HBsAg-Werten zum Zeitpunkt des Absetzens die Wahrscheinlichkeit für eine funktionelle Heilung, wie Prof. Dr. Thomas Berg, Universitätsklinikum Leipzig, berichtete.

In einer anderen Studie konnte man zeigen, dass die Höhe der HBV-DNA-Konzentration zum initialen Therapiebeginn mit der Wahrscheinlichkeit, nach Absetzen der Nukleos(t)idanalogatherapie einen HBsAg-Verlust zu erreichen, korrelierte.2 Eine höhere Viruslast stellte sich in dieser Untersuchung als Risikofaktor eines Rückfalls nach dem Absetzen der Therapie heraus. Lag die HBV-DNA zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns bei < 20.000 IU/ml, reduzierte dies die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall signifikant (adjustierte Hazard Ratio, aHR, 0,38) und erhöhte sie für einen HBsAg-Verlust (aHR 2,87).

Nach dem Absetzen der antiviralen Therapie lohnt es sich, die Patienten engmaschig zu überwachen. Mittels bestimmter Werte zu Woche 24 lässt sich der weitere Verlauf vorhersagen, wie eine Kohortenstudie zeigt.3 Darin korrelierte die Höhe der HBV-DNA- und der HBsAg-Konzentrationen mit dem Rückfallrisiko und der Wahrscheinlichkeit für einen HBsAg-Verlust. 

Eingeschlossen waren HBeAg-negative Patienten, die bis Woche 24 nach Behandlungsstopp keinen klinischen Rückfall erlitten hatten. Mit einer Kombination aus niedrigen HBsAg- und niedrigen HBV-DNA-Spiegeln ließen sich in der Studie diejenigen Patienten identifizieren, die ein sehr geringes Risiko für einen Rückfall und ausgezeichnete Chancen auf einen HBsAg-Verlust hatten, so Prof. Berg.

In einer nach Ansicht des Experten „provokativen Studie“ hat man HBeAg-negative Patienten mit HBV-bedingter Zirrhose untersucht. 494 von ihnen brachen die bestehende Therapie mit Nukleos(t)idanaloga ab, die übrigen 593 setzen sie fort. Mittels Propensity-Score-Matching wurden die beiden Gruppen in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit für

  • die Entwicklung eines HCC, 
  • einen HBsAg-Verlust,
  • die leberbezogene Mortalität oder Transplantation 

miteinander verglichen. Auch die Gesamtüberlebensraten betrachteten die Forscher.

Während der medianen Nachbeobachtungszeit von etwa sechs Jahren waren die jährliche sowie die Zehn-Jahres-HCC-Inzidenz in der Gruppe, welche die Therapie abgebrochen hatte, signifikant niedriger (1,6 % vs. 3,3 % bzw. 15,7 % vs. 26,8 %). In der Gruppe der Patienten, welche die Behandlung abgebrochen hatten, zeigte sich außerdem ein stärkerer HBsAg-Rückgang pro Jahr sowie eine sieben- bis achtmal höhere Zehnjahresinzidenz des HBsAg-Verlustes (22,7 % vs. 3 %). Der Therapieabbruch war ein unabhängiger Faktor für eine reduzierte HCC-Inzidenz (aHR 0,59), eine verringerte leberbezogene Sterblichkeit/Transplantation (aHR 0,31) und Gesamtsterblichkeit (aHR 0,38).

Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind laut Prof. Berg interessant. „Ich würde trotzdem sagen: Seien Sie vorsichtig!“, so der Experte. Die Ergebnisse müssten durch prospektive Studien validiert werden.

Als Standard hat sich das Absetzen der antiviralen Therapie bei chronischer Hepatitis B noch nicht durchgesetzt, so das Fazit des Kollegen. Es sollte daher nur als individueller Heilversuch durch erfahrene Ärzte erfolgen. In Einzelfällen sind schwere Reaktivierungen der HBV-Infektion möglich.

Quelle: Kongressbericht 32. Gastroenterologie-Update-Seminar

1. Van Bömmel F et al. J Hepatol 2023; 78: 926-936
2. Sonneveld MJ et al. JHEP Reports 2023; 5: 100790
3. Sonneveld MJ et al. Gastroenterology 2024; 166: 168-177
4. Jeng WJ et al. Hepatology 2024; 79: 690-703;DOI: 10.1097/HEP.0000000000000575