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Teure Medikamente erst bei hohem Ausgangs-LDL?

Autor: Dr. Judith Lorenz

Wer über Statine hinaus weitere, teurere Lipidsenker erhält, ist vom gesamten kardiovaskulären Risiko abhängig. Wer über Statine hinaus weitere, teurere Lipidsenker erhält, ist vom gesamten kardiovaskulären Risiko abhängig. © fotolia/roger ashford
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Von einer intensiven cholesterinsenkenden Therapie scheinen besonders Patienten mit hohen LDL-Werten zu profitieren. Sollten die modernen und teuren Lipidsenker demnach dieser Gruppe vorbehalten bleiben?

Werden Herz-Kreislauf-Patienten über die Therapie mit Statinen hinaus mit Ezetimib oder PCSK9*-Hemmern behandelt, bringt das ihr Sterberisiko verglichen mit weniger intensiven Therapieraten merklich runter. Dieser Vorteil verschwindet aber, wenn die LDL-Cholesterin-Konzentration der Patienten zu Therapiebeginn unter 100 mg/dl liegt. Am stärksten profitierten Patienten mit einem Ausgangswert über 160 mg/dl von den modernen Cholesterinsenkern.

34 Studien mit über 270 000 Patienten ausgewertet

Das haben Dr. Eliano Navarese vom Inova Heart and Vascular Institute in Falls Church, Virginia, und Kollegen anhand einer Metaanalyse zeigen können. Dafür werteten die Wissenschaftler 34 Studien aus und berücksichtigten Daten von mehr als 270 000 Patienten.

Sollten sich diese Ergebnisse bestätigen, müssten die aktuell gültigen Therapieempfehlungen wohl geändert werden, schreiben Dr. Ann Marie Navar und Dr. Eric D. ­Peterson vom Duke University Medical Center in Durham, North Carolina, in einem begleitenden Editorial. Ärzte und Kostenträger hätten dann eine stabile biologische Grundlage, die Therapie zu beschränken und den Zugang zu wirkstarken, aber teuren Lipidsenkern wie beispielsweise PCSK9-Inhibitoren auf Patienten oberhalb bestimmter LDL-Grenzwerte zu begrenzen.

Allerdings, so geben die beiden Experten zu bedenken, beruhen die vorgestellten Ergebnisse nicht auf der Analyse individueller Patientendaten, sondern basieren auf einer Auswertung auf Studienebene. Der Einfluss verzerrender Faktoren – beispielsweise aufgrund der Studiendesigns – könne daher nicht ausgeschlossen werden. Hinzu komme, dass einige der analysierten Untersuchungen mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegen.

Inwiefern tatsächlich ein Zusammenhang zwischen dem initialen LDL-Cholesterinspiegel und dem Nutzen der lipidsenkenden Therapie mit Ezetimib oder einem PCSK9-Hemmer besteht, müsse daher zunächst auf Patientenebene überprüft werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt empfehlen die Kommentatoren für die Praxis, bei der Verordnung von Lipidsenkern ohne Frage den Ausgangs-Cholesterinspiegel zu berücksichtigen. In die Therapieentscheidung einfließen müsse letztlich aber das gesamte kardiovaskuläre Risiko des Patienten. Und da seien neben dem relativen Risiko das Alter des Patienten, sein Blutdruck, ein etwaiger Diabetes und der Umfang der vaskulären Erkrankung von entscheidender Bedeutung.

* Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9

1. Navarese EP et al. JAMA 2018; 319: 1566-1579
2. Navar AM, Peterson ED. a.a.O.: 1549-1551