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Früher invasiver Brustkrebs Therapie muss nicht per se mit cALND einhergehen

SABCS 2023 Autor: Birgit-Kristin Pohlmann

Bei bestimmten Brustkrebs Patient:innen könnte auf eine komplettierende Axilladissektion verzichtet werden. Bei bestimmten Brustkrebs Patient:innen könnte auf eine komplettierende Axilladissektion verzichtet werden. © 9nong – stock.adobe.com
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Bei Patient:innen mit invasivem Mammakarzinom und 1–2 makrometastatisch befallenen Sentinel-Lymphknoten kann auf eine komplettierende Axilladissektion verzichtet werden. Allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Bereits frühere Studien deuteten darauf hin, dass trotz positiver Sentinellymphknoten (SLN-)Biopsie bei cN0-Brustkrebspatient:innen eine komplettierende Axilladissektion (cALND) entfallen kann, wenn diese entweder nach brusterhaltender Operation eine Ganzbrustbestrahlung erhalten haben (ACOSOG Z0011) oder wenn unabhängig von der Art des operativen Eingriffs (brusterhaltend oder Mastektomie) die Axilla adjuvant bestrahlt wird (AMAROS). Aufgrund einer nur begrenzten Anzahl an Ereignissen bestehen Zweifel an der statistischen Power beider Studien, erläuterte Prof. Dr. Dr. Jana de Boniface, Karolinska Institut, Stockholm. Zudem seien relevante Subgruppen, zum Beispiel mastektomierte oder ältere Erkrankte, unterrepräsentiert gewesen. 

­SENOMAC, eine internationale, randomisierte Nicht-Unterlegenheitsstudie sollte diese Wissenslücken schließen. Die insgesamt 2.540 Teilnehmenden der Per-Protokoll-Population hatten ein frühes invasives Mammakarzinom (T1–3 cN0) – mehrheitlich (87 %) ein luminales Karzinom (HR+/­HER2-) – und 1–2 positive SLN. Bei allen war die Axilla präoperativ sonografisch untersucht worden. Im Interventionsarm wurde, anders als in der Kontrolle, auf eine zusätzliche cALND verzichtet. Knapp 90 % erhielten eine adjuvante Bestrahlung der Axilla und fast alle Patient:innen wurden postoperativ mit einer endokrinen Therapie (91,9 %) und/oder Chemotherapie (64,9 %) behandelt.

Studienpopulation

Im Vergleich zu den früheren Studien handelte es sich um ein ungünstigeres Kollektiv: Knapp 6 % hatten einen T3-Tumor, knapp 20 % ein lobuläres Mammakarzinom und etwa 35 % eine extranodale Ausbreitung. Gut ein Drittel (36 %) war mastektomiert worden und 40 % waren mindestens 65 Jahre alt.

Die Ergebnisse zum rezidivfreien Überleben (RFS) ergaben nach median 47 Monaten annährend deckungsgleiche RFS-Kurven, was die Nicht-Unterlegenheit für den Interventionsarm bestätigte (HR 0,89; p < 0,001). 

Bisher unterrepräsentierte Subgruppen profitieren auch

Von den bislang 191 aufgetretenen Ereignissen entfielen 96 auf die Kontrolle und 95 auf den Interventionsarm. Die Wahrscheinlichkeit, fünf Jahre ohne Rezidiv zu überleben, liegt in beiden Armen bei fast 90 %. Das Ergebnis zum RFS bestätigte sich in den präspezifizierten Subgruppen, unter anderem für die Älteren (≥ 65 Jahre), die mastektomierten Patient:innen und jene mit großen Tumorvolumen, so Prof. ­Boniface.

Die Ergebnisse stärken den Ansatz, das operative Vorgehen in der Axilla beim frühen invasiven Mammakarzinom mit 1–2 positiven SLN zu deeskalieren und unter den gegebenen Voraussetzungen – adjuvante Bestrahlung plus effektive Systemtherapie – auf eine cALND zu verzichten, resümierte Prof. ­Boniface.

Die ALND sei kein Standard für Patient:innen mit cT1–3 N0 Mammakarzinom und 1–2 positiven SLN (± ECE: metastasierte extrakapsuläre Extension) kommentierte Dr. Andrea ­Barrio, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York.2 Der Verzicht auf eine cALND setze aber voraus, dass eine adäquate adjuvante Bestrahlung plus systemische Therapie umgesetzt wird. Muss bei mastektomierten Patient:innen auf eine adjuvante Radiatio verzichtet werden, bestehe eine klare ALND-Indikation. 

Daten zum Gesamtüberleben, dem primären Studien­endpunkt, gibt es noch nicht. Angesichts des hohen Anteils luminaler Mammakarzinome inder  ­SENOMAC-Studie könne es dauern bis hier valide Ergebnisse vorliegen.

Quellen:
1.    de Boniface J. SABCS 2023; Abstract GS02-06
2.    Barrio A. SABCS 2023; Diskussion