
Junge Wilde: Herz in Gefahr Transition ins Erwachsenenalter ist eine vulnerable Lebensphase

Ein gesundes Herz und Gefäßsystem hängt insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch von sozialen Determinanten ab: Wer krankenversichert und gut ausgebildet ist, in einer nicht deprivierten Nachbarschaft mit stabilem sozialem Umfeld lebt und wirtschaftlich abgesichert ist, weist eher eine gute kardiovaskuläre Gesundheit auf. In diesen Punkten benachteiligte Personen fallen manchmal als Kinder oder Jugendliche noch nicht wegen Herz-Kreislauf-Problemen auf; das aber ändert sich dann mit Eintritt ins Erwachsenenalter. Das 18. Lebensjahr stellt hier einen Wendepunkt dar, wie Dr. Jewel Scott von der University of South Carolina und Team schreiben. „Emerging adulthood“, also das Alter von 18 bis 25 Jahren (manchmal auch definiert bis 29 Jahre), die Phase der Transition, gilt als besonders risikoreich. Auch durch den Auszug aus dem Elternhaus steigt die Gefahr für Adipositas, von der in den USA knapp ein Fünftel der 18- bis 24-Jährigen betroffen ist.
Substanzmissbrauch erhöht Herzrisiko
Schätzungen zufolge leiden 22,4 % der 18- bis 39-Jährigen an einer Hypertonie und knapp 5 % im ähnlichen Alter an Diabetes. 7,5 % sind von Hyperlipidämie betroffen. Junge Erwachsene werden unabhängiger, müssen sich beruflich und persönlich orientieren und gehen neue Bekanntschaften ein. Das kann Vorteile bringen, aber auch mit nachteiligen Erfahrungen, Einsamkeit und psychischer Belastung einhergehen. Auch Substanzmissbrauch, z. B. Nikotinkonsum, wirkt sich negativ auf Herz und Gefäße aus. Studien legen ein erhöhtes Insultrisiko für Personen nahe, die Marihuana konsumieren. Zu wenig Schlaf ist ebenfalls ein wichtiger Risikofaktor. Bei jungen Frauen kommen Schwangerschaften hinzu. Mit den steigenden Zahlen an Gestationsdiabetes oder -hypertonie werden bei den Betroffenen auch zukünftige kardiovaskuläre Krankheiten häufiger.
Wie lässt sich die kardiovaskuläre Gesundheit dieser Altersgruppe verbessern? Unter anderem nennt das Autorenteam gezielte Interventionen: Aufklärung, Kampagnen und spezielle Angebote zu Rauchstopp und Drogenabstinenz haben sich als wirksam erwiesen. Interventionen zur Stabilisierung des emotionalen Wohlbefindens können kardiovaskuläre Parameter positiv beeinflussen. In diesem Kontext sind auch interaktive digitale Angebote über soziale Medien oder Wearables hilfreich, um junge Erwachsene z. B. zu einer ausgewogenen Ernährung oder regelmäßigem Sport zu motivieren. Entsprechende Studienergebnisse sind jedoch uneinheitlich. Grundsätzlich gilt es, Medienkompetenz zu fördern.
Außerdem sieht das Autorenteam in der Politik Bedarf: Neben einzelnen Maßnahmen, z. B. der Restriktion des Tabakkonsums, sollten insgesamt gesundheitsförderndes Verhalten erleichtert und soziale Ungleichheit gemindert werden. Dazu beitragen können ein vereinfachter Zugang zur Gesundheitsversorgung, Förderung gesunder Ernährung, Angebote zur Stärkung sozialer Kontakte, mehr Grünflächen in Städten oder kostengünstige Möglichkeiten für Sport.
Eine gelungene Transition ist nicht nur für bereits chronisch kranke Jugendliche essenziell. Neben Betroffenen mit den klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren ist sie auch für junge Erwachsene von Bedeutung, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft, fehlender Bildung, Ethnie oder sexuellen Orientierung besonders vulnerabel sind.
Zur Abschätzung des individuellen Risikos für Herz und Gefäße sind verschiedene Risikorechner verfügbar. Um auch im Rahmen der sekundären und tertiären Vorbeugung gezielter handeln zu können, braucht es mehr Forschung z. B. zu besser angepassten Interventionen und genaueren Analysen zur Effektivität einzelner, u. a. psychotherapeutischer und pharmakologischer Maßnahmen.
Um die Gruppe der jungen Erwachsenen besser zu erreichen, bedarf es laut der Autorinnen und Autoren auch innovativer Ideen im Gesundheitswesen: die Zusammenarbeit mit Schulen, Universitäten oder Arbeitgebern sowie einen kreativen Einsatz neuer Technologien.
Quelle: Scott J et al. J Am Heart Assoc 2025; 14: e039239; DOI: 10.1161/JAHA.124.039239