
Häufiges Leiden an ungewöhnlichem Ort Varizen gibt es auch an den Fingern

Eine 69-jährige Patientin hatte schon seit zehn Jahren bläuliche Veränderungen an den Innenseiten von Händen und Fingern bemerkt. Manchmal sei es in diesen Bereichen zu Fingerhämatomen gekommen, z. B. nach dem Greifen einer Tasse, beim Kämmen oder auch spontan. Bisher war die Frau aber schmerzfrei. Das hat sich nun geändert, weshalb sie die Praxis für Gefäßmedizin in Bad Wildbad aufsuchte, wie Dr. Frank Stammler und Dr. Marion Wenzler berichten. Seit wenigen Tagen hätten sich schmerzhafte Knötchen an Mittel- und Ringfinger der rechten Hand gezeigt. Mehr als 20 Jahre hatte die Patientin als Reinigungskraft gearbeitet.
Bei der Untersuchung fanden sich Veränderungen, die einer Hand- und Fingervarikosis entsprachen. Diese Vermutung ließ sich mittels Farbduplexsonografie bestätigen und als Stadium 4 einordnen (siehe Tabelle). Außerdem konnte man im Bereich der schmerzhaften Knötchen Varizenthromben nachweisen. Letzteres war erstaunlich, weil die Patientin wegen eines Vorhofflimmerns mit 20 mg/d Rivaroxaban antikoaguliert war. Sie bekam nun 600 bis 1.200 mg Ibuprofen, die Antikoagulation behielt man bei. Unter dieser Medikation wurde die Frau rasch schmerzfrei. Eine Varizensanierung mittels Sklerotherapie, ablativer Verfahren oder chirurgischer Exzision gilt in dieser Lokalisation als experimentell, wurde von der Patientin aber auch nicht gewünscht.
Klassifikation der Hand- und Fingervarikosis | |
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Stadium | Ausprägung |
1 | kleine Läsionen in den Fingerfalten |
2 | Läsionen bis in die Haut der Phalangen reichend |
3 | ausgedehnte Läsionen zwei oder mehr Finger einer Hand betreffend |
4 | Läsionen, die über die Haut der Metakarpalköpfchen hinaus bis in die palmare Handfläche reichen |
Fingervarikose tritt meist im höheren Lebensalter auf
Varizen an Hand und Fingern treten typischerweise im distalen palmaren Bereich der Hand und der Finger auf, seltener an der Dorsalseite der Finger in Höhe des mittleren Interphalangealgelenks. Der Daumen ist seltener befallen. Sie äußern sich als subkutane bläuliche Knötchen. Meist zeigen sie sich im höheren Lebensalter und bleiben in der Regel symptomlos. Mechanischer Stress kann begünstigend wirken. Im geschilderten Fall waren die Hände durch die Tätigkeit als Reinigungskraft möglicherweise vermehrt Mikrotraumata ausgesetzt. Eine stärkere Ausprägung an der rechten Hand passte zu dem Umstand, dass sie Rechtshänderin war.
Die Hämatome, die bereits nach alltäglichen Verrichtungen wie Besteckgebrauch oder Kämmen auftreten können, werden als Finger-Apoplexie oder Achenbach-Syndrom bezeichnet. Eine Thrombosierung stellt eine seltene Komplikation dar. Aber auch dann ist eine spezifische Therapie nur in Einzelfällen erforderlich, schreibt das Autorenteam. Die symptomatische Analgesie reicht meist aus. Bei Thrombose wird eine Antikoagulation diskutiert, bei Therapieresistenz die chirurgische Entfernung der Varizen. Tritt eine Fingervenenthrombose bei Patientinnen oder Patienten unter 60 Jahren auf, sollte ein Thrombophiliescreening erwogen werden.
Quelle: Dtsch Med Wochenschr 2025; 150: 571-574; doi: 10.1055/a-2506-6795
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