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Roter Urin Von Lebensmittelfarbe bis Krebs

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Häufig trifft eine Makrohämaturie auch Patienten mit Dauerkatheter. Häufig trifft eine Makrohämaturie auch Patienten mit Dauerkatheter. © Chatthawan – stock.adobe.com
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Bei Makrohämaturie schrillen die Alarmglocken für Blasenkrebs. Aber es gibt auch andere potenzielle Auslöser. Oft lässt sich schon mit wenigen Fragen klären, ob die Überweisung zum Urologen ansteht.

Eine sichtbare Blutbeimengung im Urin betrifft rund 80 % aller Patienten mit Blasenkarzinom. Bei der häufigsten Differenzialdiagnose, dem Harnwegsinfekt, fallen meist typische Begleitsymptome wie Dysurie, neu aufgetretene Nykturie und Trübung des Urins auf. Auch Pollakisurie und plötzlicher Harndrang sind oft bakteriell bedingt. Sicherheitshalber sollte man zudem nach urethralem Ausfluss und anderen Zeichen einer sexuell übertragbaren Erkrankung fahnden, so der Rat eines Autorenteams um Anika Madaan von der Faculty of Medicine am Imperial College in London.

Auch durch Sport kann es zu Blutbeimengungen kommen

Häufig trifft eine Makrohämaturie auch Patienten mit Dauerkatheter – hier verursacht durch (rezidivierende) aufsteigende Infekte oder Verletzungen beim Einführen. Zudem kann die chronische Irritation ein Malignom auslösen.

Sportarten wie Langstreckenlauf und Schwimmen können ebenfalls zu Blutbeimengungen im Urin führen. Sie sind allerdings normalerweise nicht mit dem bloßen Auge erkennbar und verschwinden innerhalb von 24 bis 48 Stunden. Zur Verifizierung des Zusammenhangs empfiehlt sich eine erneute Urinkontrolle mindestens drei Tage nach der körperlichen Aktivität. Bei wiederholt auftretendem Befund sollte man den Auslöser genauer eruieren.

Nicht selten ist die Hämaturie nur vorgetäuscht: So können Medikamente wie Rifampicin und Chloroquin oder Nahrungsmittel (Rote Bete, Brombeeren, Speisefarbe) den Harn rot färben. Eine orale Antikoagulation begünstigt zwar das Auftreten einer Makrohämaturie, aber in bis zu 30 % der Fälle findet sich noch eine andere Pathologie.

Makroskopisch erkennbare Blutbeimengungen im Zusammenhang mit renalen Koliken, Flankenschmerz oder unteren Harnwegssymptomen haben meist eine benigne Ursache. Aber auch bei dieser Konstellation ist ein Malignom nicht ausgeschlossen.

Rezidivierende Hämaturien können durch Infekte und Konkremente verursacht werden, jedoch ebenso durch ein Urothelkarzinom. Krebsverdächtig sind unbeabsichtigter Gewichtsverlust und Knochenschmerz.

Mögliche Ursachen von Makrohämaturie
Verlauf
Dignität
Auslöser
vorübergehendbenigneHarnwegsinfekt, Sport
persistierendmaligneBlasenkrebs, Nierentumor, Prostatakarzinom, Urothelkarzinom im oberen Harntrakt
benigneProstatahyperplasie, Steine/Konkrement, Urethritis, Prostatitis, Trauma, Harnröhrenstriktur, Entzündung (z.B. Glomerulonephritis, IgA-Nephropathie)

Streifentest hat sehr hohe Sensitivität

Um das Risiko besser einschätzen zu können, sollte man nach (stattgehab­tem) Nikotinabusus, Blasenkrebs in der Familie und einer beruflichen Exposition mit Urothelkarzinogenen (z.B. Chemikalien) fragen. Zur körperlichen Untersuchung gehört die Palpation von Blase (z.B. Harnretention), Abdomen (Raumforderungen) und Prostata sowie die Evaluation von suprapubischen und Lendendruckschmerzen. Ein Blick auf das Genitale offenbart Meatusstenosen, Phimosen und Peniskarzinome. Bei Frauen ist zudem eine gynäkologische Untersuchung angezeigt. Mit einem Streifentest lässt sich die Anwesenheit von Blut im Urin mit hoher Sensitivität verifizieren (91–100 %), sicherer als mit dem Mikroskop. Allerdings müssen die Streifen in einem dicht verschlossenen Behälter aufbewahrt werden, damit die Empfindlichkeit nicht ­leidet. Patienten ab 45 Jahren mit ungeklärter Makrohämaturie sollten umgehend beim Urologen vorgestellt werden. Krebsverdacht besteht zudem bei einem persistierenden Befund trotz erfolgreicher Therapie eines Harnwegsinfekts. Die Wahrscheinlichkeit für ein Malignom ist zwar im jüngeren Alter geringer. Dennoch plädieren die Autoren auch bei unter 45-Jährigen mit fortbestehendem Befund fraglicher Ursache für eine fachärztliche Abklärung. Frauen über 55 Jahren mit Makrohämaturie und Warnsignalen wie niedrigem Hämoglobin, Thrombozytose oder hohen Blutzuckerwerten sollte man einen transvaginalen Ultraschall anbieten (Endometriumkarzinom). Patienten mit primärer oder einmaliger Makrohämaturie kann zumindest initial der Hausarzt betreuen, sofern sich eine selbstlimitierende oder behandelbare Ursache findet. Bei unklarer Ätiologie oder erneutem Auftreten sollte eine Überweisung erwogen werden. Denn im Langzeitverlauf lässt sich bei rund 10 % dieser Patienten doch noch ein urologisches Malignom detektieren. Im Fall eines Harnwegs­infekts empfehlen die Autoren eine erneute Kontrolle sieben bis 14 Tage nach dem Ende der Antibiotikatherapie. Persistiert die Hämaturie, ist auch hier eine fachärztliche Malignomsuche indiziert.

Quelle: Madaan A et al. BMJ 2022; 376: e067395; DOI: 10.1136/bmj-2021-067395