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Wann man die Reanimation stoppen sollte

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Manchmal lohnt es sich nicht mehr, mit der Reanimation weiterzumachen. Manchmal lohnt es sich nicht mehr, mit der Reanimation weiterzumachen. © iStock/ollo
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Dass bei einem Herzstillstand die Reanimation so schnell wie möglich beginnen sollte, dürfte klar sein. Aber wann macht man im Falle frustraner Bemühungen Schluss?

Natürlich erhöht eine sofort gestartete Reanimation nach einem Herzstillstand die Überlebenschancen. Insgesamt lässt sich aber sagen, dass die Mehrzahl der Fälle auf lange Sicht nicht gut ausgeht, betonte Professor Dr. Alain Cariou­, Intensivmediziner vom Cochin ­University Hospital in Paris. Aber es fällt schwer, festzulegen, wann eine Wiederbelebung gestoppt werden sollte.

Je länger die Reanimation, desto schlechter das Outcome

„Das Sterben ist in diesen Fällen mehr ein Prozess als ein Ereignis“, erklärte der Referent. Je länger die Maßnahmen andauern, umso mehr gerät der Patient in einen irreversiblen Zustand. Die europäischen Leitlinien schlagen vor, den Abbruch in folgenden Fällen zu erwägen:

  • Die Sicherheit des Helfers kann nicht länger garantiert werden.
  • Es liegt offensichtlich eine letale Verletzung oder ein irreversibler Tod vor.
  • Es existiert eine gültige und relevante Patientenverfügung.
  • Es gibt anderweitige stichhaltige Beweise dafür, dass eine Fortsetzung der Wiederbelebungsmaßnahmen gegen den Patientenwillen wäre, oder die Reanimation wird als „vergeblich“ beurteilt.
  • Trotz anhaltender Wiederbelebungsmaßnahmen hält die Asystolie ohne behebbare Ursache über mehr als 20 Minuten an.

Studien zeigen, dass nach 20 Minuten die Chancen auf eine Entlassung aus dem Krankenhaus mit gutem neurologischem Outcome rapide sinken. Andersherum betrachtet, waren 90 % der Betroffenen mit späterem gutem Befund innerhalb von 20 Minuten zu einer spontanen Zirkulation zurückgekehrt und 99 % binnen 37 Minuten.

Adrenalin spielt eine immer kleinere Rolle

Der Umstieg auf eine extrakorporale Reanimation mittels ECMO (extrakorporale Membranoxygenierung) hat in einer Registerstudie keinen Überlebensvorteil gezeigt. Sie kann höchs­tens bei refraktärem Kammerflimmern und früher Wiederbelebung durch Passanten nützlich sein, dann aber so früh wie möglich.

Als mögliche Indikationen für einen Transport unter Reanimationsbedingungen nennen die Leitlinien:

  • von notfallmedizinischem Personal beobachteter Herzstillstand
  • Rückkehr zu spontaner Zirkulation zu irgendeinem Zeitpunkt
  • ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern im EKG
  • vermutlich reversible Ursache (zum Beispiel toxisch, kardial, Hypothermie)

Nicht vergessen sollte man die Möglichkeit der Organspende. Kommt jemand dafür in Betracht, kann natürlich die verlängerte Wiederbelebung bis zum Erreichen eines Krankenhauses sinnvoll sein.

Unter den Maßnahmen selbst tritt Adrenalin immer mehr in den Hintergrund, berichtete Professor Tom Quinn, Kingston & St. George’s, University of London. Schon 2014 zeigte eine Studie, dass die Gabe zwar eher eine Rückkehr zur spontanen Zirkulation bewirkt, das Überleben bis zur Entlassung aber nicht beeinflusst und stattdessen sogar das neurologische Outcome verschlechtert.

2018 erschien dann die PARAMEDIC­-2-Studie mit rund 8000 Patienten. Mit Epinephrin überlebten zwar signifikant mehr Betroffene die ersten 30 Tage (Odds Ratio 1,39). Allerdings schnitten diese Patienten im Durchschnitt neurologisch schlechter ab. Prof. Quinn hält dennoch den völligen Verzicht auf den Vasokonstriktor für zu früh. Erst müssten noch weitere Fragen geklärt werden, zum Beispiel, ob man ihn anders dosiert, früher oder nicht als Bolus, sondern kontinuierlich einsetzen sollte.

Quelle: ESC* Congress 2019

* European Society of Cardiology