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Lungenkrebs Was erhöht außer Zigarettenkonsum das Risiko?

ELCC 2024 Autor: Lara Sommer

Auch andere Faktoren, die das Lungenkrebsrisiko steigern, sollten beachtet werden. Auch andere Faktoren, die das Lungenkrebsrisiko steigern, sollten beachtet werden. © Pixel-Shot – stock.adobe.com
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Nikotinabstinenz bleibt die Hauptempfehlung, um Lungenkrebs zu verhindern. Auch Screeningprogramme richten sich spezifisch an schwere Raucher:innen. Andere Risikofaktoren finden in der Primärprävention und Früherkennung hingegen bisher kaum Beachtung.

Bis zu einem Fünftel der Lungenkrebsfälle betreffen Menschen, die niemals geraucht haben, erinnerte Prof. Dr. Dr. Laura Mezquita von der Universität Barcelona. Obwohl dieser Anteil zukünftig steigen wird, richtet sich das Augenmerk kaum auf weitere Einflüsse, die es neben dem Nikotinkonsum gibt: „Diese Risikofaktoren bleiben stumm, unzureichend erforscht und undokumentiert.“ Das erschwere die Prävention.

Radon, welches sich in geschlossenen Räumen anreichern kann, steht mit 3–14 % der Lungenkarzinome in Verbindung. Die Wahrscheinlichkeit für Lungenkrebs steigt pro 100 Bq/m3 um etwa 15 %, gleichzeitig existiert keine unbedenkliche Konzentration. Raucher:innen reagieren noch wesentlich empfindlicher. „Radon und Rauchen sind Kokarzinogene, und der Effekt ist beinahe multiplikativ“, erläuterte die Expertin. Obwohl die WHO empfiehlt, die Konzentration des Gases in Wohnräumen zu messen und die Belastung möglichst unter 100 Bq/m3 zu senken, werde dies kaum umgesetzt.

Fast jede:r Dritte in Europa ist sekundär Tabakrauch ausgesetzt. Auch hier gilt, dass keine sichere Dosis existiert und das Lungenkrebsrisiko mit Dauer der Exposition zunimmt. In der Allgemeinbevölkerung muss man von einer Steigerung um 20–30 % ausgehen. Junge Menschen unter 25 Jahren scheinen jedoch besonders gefährdet. Vor diesem Hintergrund appellierte die Referentin: „Unsere Zuhause sollten rauchfrei sein.“

Luftverschmutzung durch kleine Partikel hat wiederum Anteil an 8–10 % der Bronchialkarzinome und wirkt möglicherweise synergistisch mit dem Rauchen. Die Konzentration unterscheidet sich abhängig vom Wohnort stark, überschreitet aber in den zahlreichen großen Städten den WHO-Grenzwert von 5 µg/m3 im Jahresdurchschnitt. 
In bestimmten Weltregionen tragen darüber hinaus Ausdünstungen vom Kochen und Braten prominent zum Erkrankungsrisiko bei. Dabei kann es sich auch um eine berufsbedingte Gefährdung handeln, und Maßnahmen wie eine angemessene Belüftung schaffen Abhilfe.

Genetische Faktoren

Zu den modifizierbaren Umwelteinflüssen kommen noch genetische Faktoren hinzu. Je nach Studie weisen zwischen 4 % und 15 % der NSCLC-Erkrankten angeborene krebsprädisponierende Mutationen auf, am häufigsten in DNA-Reparaturgenen. Nichtraucher:innen mit betroffenen Verwandten ersten Grades erkranken ebenfalls häufiger. Diese Personengruppen sind zudem zum Diagnosezeitpunkt tendenziell jünger.
 

Auch andere Risikofaktoren berücksichtigen

Expert:innen schätzen, dass 50 % aller arbeitsbedingten Todesfälle auf Krebs und 15 % der Lungenmalignome auf berufliche Schadstoffexposition zurückgehen. „Es mangelt an Bewusstsein für die Problematik, sodass die Fallzahl unterschätzt wird“, fügte Prof. Mezquita hinzu. Gemäß der WHO gelten polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, aromatische Amine, Metalle, Asbest und Silikate als besonders problematisch. Arbeitsschutzmaßnahmen helfen einerseits, den Kontakt zu minimieren, andererseits sind etwa 5 % der Europäer:innen in Innenräumen Asbest ausgesetzt.

„Wir berücksichtigen beim Screening bisher nur den Raucherstatus und gegebenenfalls das Alter“, kritisierte die Onkologin. Diese Kriterien übergehen alle Tumoren, die mit anderen Risikofaktoren assoziiert sind, sowie Raucher:innen mit wenigen Packungsjahren und ehemalige Rauchende. In der TALENT-Studie prüften Forschende, inwiefern ein Früherkennungsprogramm für taiwanesische Nichtraucher:innen mit konkreten Risikofaktoren Sinn ergibt. 

Bei Teilnehmenden mit positiver Familienanamnese betrug die Lungenkrebsprävalenz 3 % statt 2 %. Die Detektionsrate stieg allerdings auf über 7 %, wenn mindestens drei Verwandte ersten Grades betroffen waren. Die Expertin bilanzierte: „In dieser spezifischen Population scheint familiäre Belastung als Kriterium für ein Screeningprogramm umsetzbar.“ Das Hauptproblem bleibe, die Nichtraucher:innen mit ausreichend hohem Risiko zu identifizieren.

Zukünftig erfordere es multidisziplinäre Forschung, Hochrisikogruppen jenseits des Raucherstatus besser zu bestimmen und Screeningkriterien zu redefinieren. Konkret rät Prof. Mezquita, sich während der ersten Konsultation mit Patient:innen fünf Minuten Zeit zu nehmen, um folgende Daten zu erheben: 

  • demografische Merkmale
  • Umweltexpositionen 
  • beruflicher Hintergrund
  • Krebsfälle in der Familie

Diese Informationen trügen dazu bei, bestehende Wissenslücken zu schließen.

Quellen:
Mezquita L. European Lung Cancer Congress 2024; Vortrag „Lung cancer prevention beyond smoking“